KommentarKobalt-Förderung

Achillesferse deutscher Autobauer

Die Kobalt-Mine in Marokko, die BMW beliefert, steht unter Verdacht, Gewässer mit Arsen zu verseuchen. Die Rohstoffversorgung bleibt eine Achillesferse für die E-Revolution.

Achillesferse deutscher Autobauer

Kobalt

Achillesferse
der E-Revolution

Von Sebastian Schmid

Berichte über Verseuchung im Umfeld einer marokkanischen Kobalt-Mine sind Wasser auf die Mühlen der Elektroauto-Zweifler.

Das dürfte Wasser auf die Mühlen der Kritiker der Elektromobilität sein. Eine vermeintlich saubere Kobalt-Mine in Marokko, die unter anderem BMW beliefert, ist einer Recherche von "Süddeutscher Zeitung", NDR, WDR und internationalen Partnern zufolge ursächlich für Arsen-verseuchte Gewässer. Zusammen mit einer unguten Verbindung des Minenbetreibers ins marokkanische Königshaus, unzulänglichem Arbeitsschutz und brutalem Vorgehen gegen Kritik aus der Belegschaft ergibt sich eine toxische Mischung, die geeignet ist, das schöne Narrativ von der sauberen Elektrifizierung der Automobilindustrie in Europa zum Einsturz zu bringen.

Denn das Image der E-Autos ist in Teilen der Bevölkerung längst angekratzt. Zu teuer, zu geringe Reichweite und zu schlechte Infrastruktur – so lautet die Erzählung der Zweifler. Wenn nun auch die Umweltbilanz infrage steht, droht dem E-Siegeszug der Abriss. Es geht also um mehr als nur um BMW und die unsauberen Methoden einer marokkanischen Kobalt-Mine. Es geht um die Glaubwürdigkeit einer Branche und den Wert milliardenschwerer Investitionen in eine elektrifizierte Zukunft.

Für die deutschen Autobauer steht dabei viel auf dem Spiel – und das nicht nur, weil sie besonders hoch investiert sind. Sie setzen für ihre Hochleistungsbatterien noch stark auf Kobalt. Der Reputationsrisiken sind sich die Unternehmen dabei bewusst. Sie engagieren sich in der Initiative for Responsible Mining Assurance (IRMA) mit zahlreichen anderen westlichen Firmen. Mittelfristig wollen alle Autobauer weg von der toxischen Verbindung zu Kobalt- und Nickelproduzenten. Tesla setzt in den preiswerten Modellen bereits kobalt- und nickelfreie LFP-Batterien ein. VW arbeitet an einer "Einheitszelle", die kobaltfrei sein soll, aber wohl frühestens 2025 kommt.

Dass die Förderung von Kobalt oft schmutzig ist, wissen die Autobauer. Herkunftsland Nummer 1 ist der Kongo. Kinderarbeit, gefährliche Arbeitsbedingungen und Verseuchung von Grundwasser sind dokumentiert. Deshalb hatte sich BMW in Australien und Marokko andere Zulieferer gesichert. Der Skandal trifft wahrscheinlich den Falschen. Tesla lässt sich etwa von Huayou Cobalt beliefern. Die Chinesen behaupten zwar, sich für eine saubere Nickel- und Kobaltproduktion einzusetzen. Allerdings erst seit Amnesty International vor einigen Jahren über Kinderarbeit und Umweltverseuchung berichtet hatte. Die Rohstoffversorgung bleibt scheinbar ein unsauberes Geschäft. Für die E-Revolution ist sie die Achillesferse.

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