Sportartikelaktien

Adidas & Co. laufen hinterher

Die Aktienkurse der Sportartikelkonzerne stehen in diesem Jahr besonders unter Druck. Analysten rechnen damit, dass Adidas die Jahresziele nochmals senken muss.

Adidas & Co. laufen hinterher

Von Joachim Herr, München

Es ist kein gutes Jahr für Aktien – zumindest bisher. Und die großen Sportartikelhersteller stehen an der Börse besonders unter Druck. Seit Jahresbeginn hat der Dax 18 % an Wert verloren, Adidas jedoch 35 % und Puma sogar 39 %. Weltmarktführer Nike ergeht es nicht viel besser. Der Kurs gab seit Anfang Januar in New York um 37 % nach.

Auffällig ist, dass in diesen Tagen zahlreiche Analysten die Kursziele und zum Teil auch die Empfehlung für Adidas gesenkt haben. Zuletzt schraubte in der vergangenen Woche Warburg Research das Ziel von 250 auf 195 Euro herunter und rät jetzt nur noch, die Aktie zu halten. Die Aussichten für Adidas seien von vielen aufziehenden Wolken getrübt. Die Investmentbank Oddo BHF ist sogar der Ansicht, es könnte sich lohnen, auf einen fallenden Kurs der Drei-Streifen-Marke zu setzen.

Aussichten verschlechtert

Hauck Aufhäuser drehte die Haltung zur Adidas-Aktie radikal: Das Kursziel wurde von 285 auf 120 Euro mehr als halbiert, die Empfehlung von „Kaufen“ auf „Verkaufen“ herabgestuft. Analyst Christian Salis erkennt zwei Entwicklungen, die aus seiner Sich gegen Adidas sprechen. Zum einen hätten sich die kurzfristigen Aussichten erheblich eingetrübt. Der Grund: die deutlich verschlechterte Stimmung der Verbraucher in wichtigen Märkten. Zum anderen macht Salis einen Margendruck aus und rechnet wegen steigender Kosten mit nachlassender Profitabilität.

Mehrere Analysehäuser bezweifeln, dass Adidas die Jahresziele erreicht – und wohl auch Investoren, was sich im Aktienkurs widerspiegelt. Verglichen mit dem Höchststand von 336 Euro vor knapp einem Jahr hat er sich mehr als halbiert (siehe Chart). Zu kämpfen haben Adidas und die Konkurrenten vor allem mit den Folgen der Corona-Pandemie: Es hakt in den Lieferketten, die Kosten für Material und Fracht sind stark gestiegen, und China fällt wegen der Lockdowns in dem Land und des Boykotts westlicher Waren schon seit einiger Zeit als Wachstumsmarkt aus.

Jüngster Beleg sind die Geschäftszahlen von Nike für das Quartal von März bis Mai: In China sank der Erlös um ein Fünftel. Adidas meldete für den Dreimonatsabschnitt von Januar bis März sogar eine währungsbereinigte Einbuße von 35%. In Europa und Amerika ging es dagegen kräftig aufwärts. Darauf baut das Management: „In den Märkten, die mehr als 80% unseres Geschäfts ausmachen, werden wir in diesem Jahr mit zweistelligen Raten wachsen“, betonte der Vorstandsvorsitzende Kasper Rorsted im Mai. Und er erwartet, dass auch in China das Geschäft im zweiten Halbjahr zulegt. Allerdings gibt es in diesen Tagen wieder Berichte über verlängerte Lockdowns für Millionen Menschen in Großstädten.

Stimmung auf dem Tiefpunkt

Nach Einschätzung von Hauck Aufhäuser müsste Adidas den Konzernumsatz im zweiten Halbjahr um 20 % steigern, um das Jahresziel von 11% zu erreichen. Das wird angesichts des rauen Umfelds mit einer hohen Inflation, der Unsicherheiten wegen des Kriegs in der Ukraine und der Lage in China schwer. In den USA ist die Stimmung der Verbraucher im Juni auf den tiefsten Stand seit Februar 2021 gefallen, die Erwartungen sogar auf den niedrigsten Wert seit fast zehn Jahren. In Deutschland erreichte im vergangenen Monat die Stimmung den bisher tiefsten Punkt überhaupt.

In solchen Zeiten schwindet die Lust auf größere Anschaffungen. Die Sportartikelbranche erwies sich in früheren Rezessionen jedoch als relativ robust, etwa in der Finanz- und Wirtschaftskrise von 2008 an. 100 Euro oder Dollar für ein Paar Laufschuhe sind dann im Budget der Haushalte eher noch drin als mehrere Tausend Euro für eine neue Küche oder 30 000, 40 000 Euro für ein neues Auto.

Zudem verspricht sich die Sportartikelindustrie Impulse fürs Geschäft von der Fußball-Weltmeisterschaft, die in Katar erst spät in diesem Jahr stattfindet. Im aktuellen Quartal kommen die Trikots auf den Markt, von Adidas zum Beispiel das der deutschen Nationalmannschaft. Mit Beginn der neuen Saison ist nun auch die neu designte Klubbekleidung zu haben. Zum Portfolio von Adidas gehören Champions-League-Sieger Real Madrid und der deutsche Dauermeister Bayern München. Ergänzt wird das Angebot mit neuen Laufschuhen – etwa dem Adizero Pro 3, mit dem Triathlet Patrick Lange, zweifacher Sieger des Ironman Hawaii, den Marathon bestreitet. Auch erste Produkte der Kooperation von Adidas und Gucci sind jetzt in den Läden.

Prognose gesenkt

Ob die Neuheiten trotz aller Widrigkeiten die Zuversicht des Vorstands von Adidas für die zweite Jahreshälfte weiterhin bestärken, wird sich am 4. August herausstellen. Dann veröffentlicht das Herzogenauracher Unternehmen seine Ge­schäftszahlen fürs zweite Quartal und gibt einen Ausblick auf die nächsten Monate. Hauck Aufhäuser hält es für wahrscheinlich, dass das Unternehmen die Ziele für dieses Jahr nochmals senken muss. Erwartet wird eine operative Marge von 6,8 %. Adidas hatte sich zunächst 10,5 bis 11 % vorgenommen und das Ziel im Mai auf das Niveau der 9,4 % des Vorjahres verringert. Im ersten Quartal waren es 8,2 %.

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