Anleger können aus dem Crash viel lernen
Bereits 35 Jahre ist es her, dass der Dow Jones an einem einzigen Handelstag um 22,6% einbrach und damit den größten Tagesverlust in seiner Geschichte markierte. Der 19. Oktober 1987 war ein Montag, so dass der große Aktiencrash als Black Monday, Schwarzer Montag, in die Historie einging. Für junge Menschen liegt der Crash vor ihrer Zeit. Ältere erinnern sich, dass der Crash nach einer Phase stetiger Kursgewinne für die meisten Marktteilnehmer praktisch aus dem Nichts kam. Keiner hatte solch einen gewaltigen Markteinbruch erwartet. Zudem war damals nach dem Crash die Furcht groß, dass der Einbruch 1987 wie zuvor der große Börsencrash 1929 zu einer neuerlichen Weltwirtschaftskrise führen würde.
Es geht hier aber nicht um einen Beitrag fürs Geschichtsbuch. Es ist sinnvoll, sich mit dem Crash zu befassen, weil die Anleger noch heute sehr viel aus ihm lernen können. Ein wichtiger Punkt ist, dass Aktien Risikopapiere sind. Schon bei einer plötzlichen Änderung der Erwartungen kann es Markteinbrüche geben, dann beginnt mitunter ein regelrechter Herdentrieb; bei einer grundlegenden Änderung der Fundamentals reagiert die Börse natürlich auch, aber die Psychologie der Investoren spielt stets eine wichtige Rolle. Das haben nicht zuletzt auch viele Crashs der vergangenen Jahrzehnte gezeigt. Gefährlich wird es immer, wenn sich Sorglosigkeit breitmacht, wenn extrapolierende Erwartungen vorherrschen. Der Trend ist der Freund des Investors, das stimmt schon, nur jeder Trend bricht einmal. Die ewigwährende Hausse gibt es leider nicht.
Eine Lehre aus 1987 ist auch, dass Computer, moderne Handelssysteme und Portfolioabsicherungen Crashs verstärken können. Denn wenn alle in eine Richtung wollen, wirkt eine effiziente Technik mitunter als Verstärker. Dann droht ein Flash Crash. Um massive Abstürze binnen weniger Minuten und Stunden zu vermeiden, helfen die Handelsunterbrechungen, die Circuit Breaker, die man als Reaktion auf den Schwarzen Montag eingeführt hat. Solche Sicherheitsmechanismen gilt es zu bewahren und, wo möglich, auszubauen.
Neben dem Herdentrieb, der Psychologie der Anleger, gibt es aber weitere Ursachen für den Schwarzen Montag. Dazu zählen eine relativ hohe Bewertung von Aktien aufgrund der jahrelangen Hausse vor dem großen Crash sowie beginnende Straffungen der Notenbanken in Verbindung mit wirtschaftlichen Ungleichgewichten. Wenn Notenbanken beginnen zu straffen und wenn die Marktliquidität zurückgeht, ist das immer Gift für die Aktienmärkte.
Die Notenbanken sind in der Tat die Götter der Märkte, und es macht sehr viel Sinn, als Investor darauf zu achten, wie die Götter gerade die Märkte beeinflussen. Dies betrifft sowohl Leitzinsen als auch Liquidität und Geldmengenentwicklung. Übrigens hat die Fed unter Alan Greenspan damals nach dem Crash richtig reagiert, den Märkten reichlich Liquidität zur Verfügung gestellt und damit eine Entwicklung wie nach dem Crash 1929 verhindert. Dadurch hat der Aktienmarkt dann bald wieder Boden gefunden, und der Schwarze Montag stellt sich dadurch aus heutiger Sicht allein als kurzfristiger Markteinbruch dar.
Langfristig betrachtet erweisen sich heftige Markteinbrüche ohnehin meist als lukrative Kaufgelegenheiten. Denn bildet sich auf ermäßigtem Niveau ein Boden an den Aktienmärkten, sind Dividendentitel wieder relativ günstig zu haben. Das war nach dem Crash 1987 so, nach dem Platzen der Dotcom-Blase Anfang 2003 und nach dem Lehman-Crash im Frühjahr 2009. Natürlich mag es nicht immer leicht sein, auszumachen, auf welchem Niveau sich ein Boden bildet. Aber allein das Wissen, dass deutliche Einbrüche zu Kaufgelegenheiten führen, hilft dem langfristigen Investor weiter. Übrigens: Manche antizyklische Investoren wie Fondslenker Peter E. Huber beginnen jetzt nach dem heftigen Einbruch des Dax in diesem Jahr bereits mit ersten Käufen am deutschen Aktienmarkt.
Eine Lehre aus allen Crashs ist auch, dass sich Aktien gleichwohl lohnen und langfristig eine der lukrativsten Assetklassen darstellen. Es lohnt sich somit für Aktienanleger, die entsprechend breit diversifiziert sind, dabeizubleiben. Wer zum Beispiel nach dem Schwarzen Montag 1987 aus Aktien komplett ausgestiegen ist, hat als Investor etwas falsch gemacht. Denn danach begann dank expansiver Notenbanken eine goldene Zeit für Dividendentitel.