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Anschläge vom 11. September wirken bis heute nach

Gerade jetzt, in der größten Krise der Luftfahrtindustrie infolge der Coronavirus-Pandemie, sind die Anschläge vor 20 Jahren immer wiederkehrender Referenzpunkt.

Anschläge vom 11. September wirken bis heute nach

Von Lisa Schmelzer, Frankfurt

Gerade wieder wird die Welt mit den Spätfolgen der Terroranschläge vom 11. September 2001 konfrontiert, die sich am Samstag zum 20. Mal jähren. Denn das militärische Engagement der USA und ihrer Verbündeten in Afghanistan, das dieser Tage überstürzt und im Chaos zu Ende ging, hat seinen Ursprung in den terroristischen Attacken vor 20 Jahren. Der damalige US-Präsident George W. Bush wollte mit seinem Eingreifen am Hindukusch dafür sorgen, dass Terroristen keinen Unterschlupf mehr in Afghanistan finden. Dass dieses Ziel ganz sicher nicht erreicht wurde, zeigt allein die Tatsache, dass es nach Verkündigung des Truppenabzugs der westlichen Verbündeten verstärkt zu Terroranschlägen in dem Land kam. Zudem hat mit den Taliban eine terroristische Gruppierung die politische Macht in Afghanistan übernommen.

2996 Menschen aus 92 Ländern kamen am 11. September 2001 ums Leben, als jeweils zwei Flugzeuge von United und American Airlines in den Nord- und den Südturm des World Trade Centers in New York, einen Teil des Pentagon in Washington und in ein Feld in Pennsylvania stürzten. Indes wirken nicht nur die politischen und militärischen Folgen der Terroranschläge nach, auch an anderer Stelle haben die Ereignisse von vor nunmehr 20 Jahren Spuren hinterlassen. Wirtschaftlich damals besonders hart getroffen wurde die Airline-Branche, denn zum einen wurden die Attacken mit Flugzeugen ausgeführt, zum anderen kam der Flugverkehr einige Tage lang zum Erliegen und wurde durch die anschließende Rezession stark in Mitleidenschaft gezogen. Ersteres hatte zahlreiche Veränderungen bei den Sicherheitsmaßnahmen zur Folge, Letzteres sorgte am Ende für Veränderungen in der Branche, die bis heute nachwirken.

Airlines fusionieren

Gerade in den USA kam es in den Jahren nach den Anschlägen zu einer beispiellosen Welle an Insolvenzen und Fusionen, die unterm Strich dazu führten, dass die überlebenden Unternehmen für den weltweiten Wettbewerb besser positioniert waren. Denn unter US-Gläubigerschutz nach Chapter 11, unter den sich viele nach und nach flüchteten, konnten Restrukturierungsmaßnahmen durchgezogen werden, die in normalen Zeiten kaum möglich gewesen wären. Die Konsolidierung, die beispielsweise in Europa nur in Trippelschritten vorankam, gewann in den USA rasant an Fahrt. Dabei griffen nicht nur große Airlines nach kleineren Wettbewerbern, sondern es taten sich auch die Großen der Branche zusammen, um neue Marktführer zu schmieden. Entstanden ist dabei in den USA ein Oligopol, in dem die fünf größten Fluglinien zeitweise auf einen gemeinsamen Marktanteil von knapp 90% kamen. In Europa standen die größten fünf Gesellschaften vor der Coronavirus-Pandemie für weniger als 50% Marktanteil. Die Europäer drohten zeitweise zwischen diesen nun schlagkräftigen Carriern aus Nordamerika und den wachstumsstarken Playern aus den Golfstaaten zerrieben zu werden. Bis heute ist es für viele ein beschwerlicher Kampf, sich auf diesem nach 2001 neu sortierten Spielfeld zu bewähren.

Die große Konsolidierungsrunde in den USA losgetreten haben Delta Air Lines und Northwest im Jahr 2008. Zuvor waren beide im September 2005 in die Insolvenz gegangen. Auch der Lufthansa-Partner United Airlines durchlief ein langwieriges Insolvenzverfahren, das Zehntausende Jobs kostete. Wer trotz allem bleiben durfte, musste für deutlich weniger Geld arbeiten. Nachdem die globale Finanzkrise für weiteres Ungemach gesorgt hatte, fusionierte United 2010 mit Wettbewerber Continental.

Höhere Kosten für Sicherheit

Die wirtschaftliche Transformation war eine zentrale Folge der Terroranschläge. Doch auch das Fliegen selbst hat sich stark verändert. Bis 2001 war es gang und gäbe, einfach bis zum Gate durchzulaufen, um Verwandte oder Freunde abzuliefern oder in Empfang zu nehmen. Seit September 2001 ist das völlig undenkbar. Bis heute gibt es Limits für Flüssigkeiten, Laptops und andere elektronische Geräte müssen einzeln auf das Kontrollband. In den Flugzeugen sind geschützte und abgesperrte Cockpit-Türen verpflichtend – die Zeiten, in denen man den Piloten durch die offene Tür beim Starten oder Landen zusehen konnte, sind lange vorbei. Die nach dem 11. September 2001 notwendig gewordenen Umbauten sowie die zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen am Boden und an Bord haben bei den Airlines für deutlich gestiegene Kosten gesorgt. Gleichzeitig haben die Anschläge von 2001 und die in den Jahren darauf immer wieder erfolgten anderen terroristischen Attacken dazu geführt, dass aus Angst zeitweise weniger gebucht und geflogen wurde, so dass die Gesellschaften immer wieder Buchungsdellen verzeichnen mussten.

Gerade jetzt, in der größten Krise der Luftfahrtindustrie infolge der Coronavirus-Pandemie, sind die Anschläge vor 20 Jahren immer wiederkehrender Referenzpunkt. Die politisch Verantwortlichen, gerade in den USA, aber auch anderswo, haben im Jahr 2020 genau auf die finanzielle Lage der Airlines geschaut und sich erinnert, welche Hilfen sie 2001 (nicht) zur Verfügung gestellt haben. Dieses Mal wollte man die Folgen für die Airlines besser abfedern, es flossen Abermilliarden an zum Teil nicht rückzahlbaren staatlichen Finanzhilfen. Die Hilfen summieren sich schätzungsweise auf 300 Mrd. Euro weltweit, dennoch sind auch dieses Mal Airlines vom Markt verschwunden.