Auf schmalem Grat
Airline-Branche
Nur bedingt wetterfest
Von Lisa Schmelzer
Airlines sind auch in guten Zeiten margenschwach und externe Faktoren haben einen gewaltigen Einfluss auf die Entwicklung.
Mit zwei auf den ersten Blick widersprüchlichen Nachrichten machte die Luftfahrtbranche kürzlich auf sich aufmerksam. „Die Passagierzahlen brechen unerwartet deutlich zum Jahresende ein“, hieß es beim Flughafenverband ADV, der von einer alarmierenden Entwicklung am Standort Deutschland sprach. Ein deutlich optimistischeres Bild kam vom Airline-Verband IATA: „Im kommenden Jahr wird sich die Profitabilität der Fluggesellschaften weltweit verbessern.“ Wer hat recht, die Schwarzmaler oder die Optimisten?
Beide. Denn weltweit verläuft die Entwicklung in der Branche sehr unterschiedlich. Während beispielsweise die US-Carrier wegen des großen Heimatmarktes vergleichsweise gut durch die Pandemie mit ihren weltweiten Reisebeschränkungen kamen, hat der Verkehr von und nach Asien bis heute noch nicht wieder richtig Fahrt aufgenommen. In Richtung China wird die Situation für die Europäer noch dadurch erschwert, dass sie nicht über den russischen Luftraum fliegen können, was die Reisezeit verlängert und die Kosten erhöht. Die nach wie vor zurückhaltende Nachfrage wird deshalb mehr und mehr von chinesischen Airlines bedient, die günstigere Tickets anbieten. Zu den Belastungen durch den Krieg in der Ukraine kommen für Europas Fluglinien die vergleichsweise hohen Standortkosten, vor allem in Deutschland. Wenn Tickets dadurch deutlich teurer werden, verlieren Unternehmen wie Lufthansa Reisende an preiswertere Anbieter, etwa an Turkish Airlines.
Kapitalkosten nur schwer zu verdienen
Weil die Bedingungen für die Luftfahrt in den verschiedenen Ecken der Welt ganz unterschiedlich sind, unterscheidet sich auch die wirtschaftliche Entwicklung der einzelnen Unternehmen. Indes gilt für alle, dass sie in der Regel sehr bescheidene Renditen erwirtschaften – selbst in guten Jahren. Für 2025 rechnet die IATA weltweit mit einer Netto-Marge von 3,6%, wobei die Regionen auch hier weit auseinanderklaffen. Am unteren Ende sortiert sich Afrika mit erwarteten 0,9% ein, am oberen Ende der Mittlere Osten mit 8,2%. Gegenüber den Airlines des Mittleren Ostens fühlen sich die Europäer auch benachteiligt, weil diese Unternehmen in der Regel staatlich unterstützt werden und auch deshalb kräftig wachsen können.
Üppig sind die erwarteten Renditen aber für alle nicht, zumal gleichzeitig gewaltige Investitionen gestemmt werden müssen, in neue Flugzeuge und in die grüne Transformation. Zu diesem schwachen Bild passen die IATA-Prognosen für den Return on Capital im kommenden Jahr, der bei 6,8% erwartet wird. Diese Quote liegt laut Verband unter den durchschnittlichen Kapitalkosten.
Furcht vor Handelskriegen
So schwachbrüstig aufgestellt, braucht es nicht viel, um die Branche erneut in Nöte zu bringen. Daher schauen die Verantwortlichen gerade ängstlich auf die neue Trump-Administration und die möglicherweise heraufziehenden Handelskriege, die vom neuen US-Präsidenten angezettelt werden könnten. Solche würden das Luftfracht-Geschäft massiv belasten, das sich mittlerweile sowieso schon weit von seinem Pandemie-Peak entfernt hat. Konjunkturelle Schwierigkeiten, wie derzeit in Deutschland oder Frankreich, könnten zudem die Nachfrage nach Urlaubsreisen eindämmen – ein Segment, das auch für die Netzwerk-Airlines angesichts eines schwachen Geschäfts mit Firmenkunden immer wichtiger wird. Für die Europäer greifen außerdem ab dem kommenden Jahr die Vorgaben des EU-Programms „Fit for 55“, was die Kosten alleine schon wegen der verordneten Beimischung von teurem nachhaltigem Flugbenzin in die Höhe treiben wird.
Ein Allheilmittel für die kränkliche Branche gibt es nicht. Margenschwach sind die Airlines schon immer, externe Faktoren wie Kriege und Naturkatastrophen haben einen gewaltigen Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung und in jeder Krise hat es den ein oder anderen dahingerafft. Am wetterfestesten ist man noch unterwegs, wenn man regional breit aufgestellt ist und zudem noch verschiedene Geschäftssegmente bedient. Nicht umsonst will sich die Lufthansa internationaler aufstellen – nach dem Einstieg bei ITA könnte der Griff nach der TAP aus Portugal und ein Engagement bei Air Baltic folgen.