Mobilfunkfrequenzen

Auf tönernen Füßen

Eine Auktion bleibt das beste Verfahren zur Vergabe knapper Ressourcen. Die Kritik an diesem Vorgehen steht auf tönernen Füßen. Der Netzausbau rentiert sich nicht stärker, wenn Lizenzgebühren gespart werden, sondern wenn neue Produkte und Services die Teilnehmer überzeugen.

Auf tönernen Füßen

Der Streit um die bestmögliche Vergabe von Frequenzen für den Mobilfunk ist so alt wie die mobile Telefonie selbst. Aber spätestens als im Jahr 2000 in einer ebenso euphorischen wie kopflosen UMTS-Auktionsdynamik in Deutschland die Summe von 50 Mrd. Euro für „ein Paket Luft“ – wie mancher Beobachter spöttelte – zusammenkam, geriet das Verfahren ins Kreuzfeuer der Kritik. Diese entzündete sich primär an den aus Sicht der Telekomnetzbetreiber entstehenden Wettbewerbsverzerrungen innerhalb der Branche in Europa, weil einige große Länder, namentlich Frankreich und Spanien, sich bei der Vergabe für einen Beauty Contest entschieden hatten. Dort erwarben die Unternehmen ihre Mobilfunklizenzen für eine vergleichsweise geringe Gebühr und mussten sich dafür zu möglichst schnellen Ausbauverfahren verpflichten.

Eine vermeintlich bessere Allokation der Mittel in den Netzausbau ist seit jeher das Hauptargument, mit dem die deutsche Telekombranche ge­gen das Auktionsverfahren zu Felde zieht. Das gilt auch für die nun in Rede stehende Verlängerung der Lizenzen im knappen Funkspektrum des 800-Megahertz-Bereichs. Die drei etablierten Netzbetreiber hoffen allerdings, nicht nur ihre Kasse zu schonen, sondern auch den ungeliebten vierten Netzbetreiber 1&1 Drillisch ein Stück weit auszubremsen. Am Ende geht es um einen Zeitgewinn, der die Grundsatzentscheidung zum Vergabeverfahren bei knappen Ressourcen weniger berühren sollte.

Dabei steht die Kritik an der Auktion auf tönernen Füßen. Abgesehen von der offensichtlich mangelnden Transparenz und der Diskriminierungsanfälligkeit eines Beauty Contests sind die vermeintlichen Segnungen des Verfahrens ausgeblieben. Ausbau und Qualität der Mobilfunknetze in Frankreich und Spanien sind nicht erkennbar besser als in den Ländern, wo die Lizenzen versteigert wurden. Eher ist das Gegenteil der Fall, denn naturgemäß haben Unternehmen, die relativ viel Geld in einer Auktion gelassen haben, mehr Grund, ihre Netze schnellstmöglich auszubauen, um ihre Investitionen mit neuen Produkten und Services zurückzuverdienen.

Indes war der Mangel daran der wahre Grund, warum die UMTS-Auktion zum Desaster wurde – und auch spätere Milliarden sich nicht recht amortisierten. Für den 3G-Standard UMTS fehlte es gänzlich an sinnvollen Anwendungen, für 4G (LTE) wurden sie von anderen entwickelt: Streaming war eine Innovation von Netflix, Spotify und Co., die dafür die Gewinne einfahren.

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