Kommentar

Baywa in der Existenzkrise

Mit dem in Auftrag gegebenen Sanierungsgutachten hat der hochverschuldete Agrarhandelskonzern Baywa das Heft des Handelns aus der Hand gegeben. Die Gläubigerbanken sind nun am Zug.

Baywa in der Existenzkrise

Baywa

Zeichen einer Existenzkrise

Von Stefan Kroneck

Bei der Baywa brennt es auf dem Dach. Das vom hochverschuldeten Agrarhandelskonzern in Auftrag gegebene Sanierungsgutachten gleicht einem Eingeständnis, dass der Vorstand bei der Restrukturierung des Unternehmens mit seinem Latein am Ende ist. Offenbar sahen sich Vorstandschef Marcus Pöllinger und Finanzvorstand Andreas Helber zu diesem Schritt gezwungen, um die Gläubigerbanken zu besänftigen und verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen. Unter den Kreditinstituten ist die Sorge groß, dass das Münchner SDax-Mitglied bald nicht mehr in der Lage ist, seine Verbindlichkeiten fristgerecht zu begleichen.

Wie dramatisch sich die Situation verschlechtert hat, geht aus der jüngsten Pflichtmitteilung der zum genossenschaftlichen Sektor gehörenden AG hervor, die eine „angespannte Finanzierungslage“ einräumt. Die Reaktion der Anleger zum Wochenauftakt kann kaum deutlicher sein: Die Baywa-Aktie stürzte um über ein Drittel ab. Der Titel fiel auf das Niveau vom Juli 2005 zurück.

Zinswende schlägt ins Kontor

Die zuletzt veröffentlichten Finanzdaten des tiefrot schreibenden Unternehmens legen Zeugnis ab von einer selbstverschuldeten Existenzkrise: Ende März wuchsen die Finanzschulden auf rekordhohe 5,6 Mrd. Euro, davon waren über 40% kurzfristig. Im ersten Quartal trug überwiegend der Zinsaufwand (93 Mill. Euro) zum Vorsteuerfehlbetrag (154 Mill. Euro) bei.

Die Zinswende, also die gestiegenen Marktzinsen, schlagen bei der Baywa ins Kontor. Fürs zweite Quartal 2024 dürfte ein weiteres Defizit angefallen sein. Offensichtlich steuerte die Konzernführung zuvor nicht konsequenter gegen, um die Schuldenstruktur an die geänderten Marktbedingungen anzupassen. Die kurzfristigen Verbindlichkeiten sind zweifelsohne immer noch zu hoch.

Gläubigerbanken am Zug

Dieses Versäumnis rächt sich. Mit Hilfe von Beratern von Roland Berger, die Baywa auf Herz und Nieren durchleuchten, versucht Pöllinger, das Ruder herumzureißen. Wie es mit dem Unternehmen weitergeht, hängt von deren Fortführungsprognose ab, die vor allem an die kreditgebenden Geldhäuser adressiert ist.

Das heißt: Das Schicksal der Baywa liegt in den Händen der Gläubigerbanken. Diese haben in der Causa das letzte Wort. Das Heft des Handelns ist dem Vorstand weitgehend genommen. Die negativen Folgen der überwiegend fremdfinanzierten Expansion der Firma in der Zeit des billigen Geldes fällt den Konzernverantwortlichen jetzt auf die Füße.

Das von der Baywa in Auftrag gegebene Sanierungs­gutachten zeigt, dass die Gläubigerbanken beim hochverschuldeten Konzern nun das letzte Wort haben.

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