Bei Northvolt war mehr Schein als Sein
Northvolt
Mehr Schein
als Sein
Von Heidi Rohde
Bei Northvolt zahlen die Investoren die Zeche für ein vermeintlich politisch gesichertes Projekt, das sich obendrein als Etikettenschwindel entpuppt.
Mit der Flucht von Europas Vorzeige-Start-up Northvolt in den Gläubigerschutz nach US-Recht droht gleichermaßen eine politische Blamage bei den Bemühungen um Resilienz in einer für die wirtschaftliche Transformation zentralen Schlüsseltechnologie wie auch ein Milliardengrab für die illustren Investoren. Autohersteller wie VW und BMW, namhafte Kapitalmarktadressen wie Goldman Sachs oder Blackrock und nicht zuletzt sogar Pensionskassen haben in zig Finanzierungsrunden 15 Mrd. Dollar an Eigen- und Fremdkapital in ein junges Unternehmen gepumpt, das abgesehen von wolkigen Prognosen über eine in Amerika und Europa sprunghaft ansteigende Batterienachfrage für die Elektromobilität wenig belastbare Geschäftspläne zu bieten hatte.
Ziele massiv verfehlt
Im Gegenteil: Seit längerem war sogar schon an die breite Öffentlichkeit gedrungen, dass es aufgrund der angestrebten rasanten Skalierung der Produktion im schwedischen Stammwerk drunter und drüber ging und operative Ziele massiv verfehlt wurden. Zudem mussten vor dem Hintergrund des in Europa vollkommen überschätzten Hochlaufs der Elektromobilität erhebliche Zweifel auch an den Nachfrageprognosen aufkommen. Dass derlei drastische Fehlentwicklungen für staatliche Förderinstitute wie die Europäische und die Nordische Investitionsbank (EIB und NIB) offenbar kein Hindernis waren, sich noch in diesem Jahr am bisher größten grünen Kredit in Europa über insgesamt 5 Mrd. Dollar selbst milliardenschwer zu beteiligen, ist ein wenig vertrauensbildendes Signal, was den Umgang mit Steuermitteln angeht.
Übliche Maßstäbe außer Acht gelassen
Hinzu kommt, dass das hehre politische Ziel der Förderung von „heimischer Innovation“, das die EIB noch aktuell hervorhebt, im Falle von Northvolt offensichtlich weitgehend als Etikettenschwindel gelten muss. Die vermeintliche Speerspitze originärer europäischer Batterietechnik ruht in großem Umfang auf Maschinen und Know-how des chinesischen Weltmarktführers Wuxi Lead Intelligent Equipment. Das junge Unternehmen entpuppt sich damit als abschreckendes Beispiel für ein politisch gesteuertes Investitionsprojekt, bei dem sich private Geldgeber in der trügerischen Sicherheit von Staatsinteresse wähnten und deshalb die für Wagniskapital üblichen kritischen Maßstäbe bei der Mittelvergabe an jedes gewöhnliche Start-up vermissen ließen. Ein Scheitern von Northvolt dürfte daher auch mit Blick auf andere teure Resilienzprojekte Wellen schlagen.