KommentarState of the Union

Biden bläst kraftvoll zum Angriff

US-Präsident Joe Biden packte in einer feurigen Regierungserklärung die wichtigsten Wahlkampfthemen an: Ukraine-Hilfe, Risiken für die Demokratie, die starke Wirtschaft bis hin zu Nato und Einwanderungsreform.

Biden bläst kraftvoll zum Angriff

Von Peter De Thier

Der Auftrag war klar definiert: Vor dem womöglich größten Publikum, das ihn vor der Wahl am 5. November sehen und hören würde, ging es nicht nur darum, was US-Präsident Joe Biden sagt. Ebenso wichtig war, dass der 81-Jährige während seiner State-of-the-Union-Rede – faktisch seiner Regierungserklärung – lebendig, dynamisch, feurig, selbstbewusst und zuweilen sogar aggressiv auftritt. Angesichts des Rückstands, den er in den Wählerumfragen gegenüber seinem republikanischen Rivalen Donald Trump aufholen will, musste Biden acht Monate vor der Präsidentschaftswahl Zweifel an seiner geistigen und physischen Eignung für das höchste Amt im Lande ausräumen. Das dürfte ihm an dem bisher wichtigsten Abend des US-Wahlkampfs gelungen sein.

Der Präsident blies nicht nur zum Angriff gegen Trump, in dem er zu Recht eine akute Gefahr für die Zukunft der US-Demokratie sieht. Auch deckte er das gesamte Spektrum der innen-, außen- und wirtschaftspolitischen Themen ab, die mit Blick auf die Wahl relevant sein werden. Er richtete einen energischen Appell an die Republikaner im Repräsentantenhaus, dringend notwendige Militärhilfe für die Ukraine zu verabschieden. Alles andere wäre ein Sieg für Wladimir Putin, der auf keinen Fall dort Halt machen würde. Dann schlug er einen weiten Bogen: von Trumps Rolle bei dem Aufstand im US-Kapitol über Abtreibungsrechte, die Überwindung der Corona-Pandemie und das historische Comeback der US-Wirtschaft bis hin zur Einwanderungsreform. Diese hätten Republikaner allein deswegen blockiert, weil Trump dem Präsidenten einen wichtigen Etappensieg verweigern will und selbst den Konflikt als Wahlkampfthema brauche.

Längst überfällig war der breite Raum, den der Präsident der Wirtschaft widmete. Er betonte die 15 Millionen neue Jobs, die seit seinem Amtsantritt entstanden, vor allem in der Industrie. Auch den starken Rückgang der Inflation und den wachsenden Optimismus unter Verbrauchern. Um das Loch im Staatshaushalt zu stopfen, sei es dringend notwendig, die Unternehmenssteuern weiter hochzuschrauben und die reichsten Haushalte stärker zur Kasse zu bitten.

Zwar sollte Bidens klares Bekenntnis zur Nato die europäischen Bündnispartner zuversichtlich stimmen. Sorgen sollte EU-Mitgliedern lediglich der protektionistische Unterton der Rede bereiten. Biden machte nämlich unmissverständlich klar, dass das Postulat „Buy American“, ein potenziell bedeutender Nachteil auch für die deutsche und gesamte europäische Exportwirtschaft, auch künftig der US-Handelspolitik seinen Stempel aufdrücken wird. Das wird Gültigkeit haben, und zwar egal, ob Biden oder Trump ab Januar 2025 im Oval Office des Weißen Hauses sitzen wird. Das wiederum könnte für einige Konflikte zwischen Washington, Brüssel und Berlin sorgen.

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Wichtiger Etappensieg für Biden

Von Peter De Thier
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