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Black Friday beim Finanzminister

Für die Koalition ist jetzt noch lange "Black Friday". Es geht um die Schnäppchensuche bei der Haushaltsaufstellung 2024. Die wichtigste Frage: Wo geht noch etwas billiger?

Black Friday beim Finanzminister

Notiert in Berlin

Black Friday beim Finanzminister

Von Andreas Heitker

Wochenausklang in Berlin. Es ist nicht nur Black Friday, sondern nur noch genau einen Monat bis Heiligabend. Am Wochenende soll vor dem Kanzleramt schon der diesjährige Weihnachtsbaum aufgestellt werden: eine 17,5 Meter hohe Fichte aus Brandenburg, die am Freitagmorgen noch im aufgeweichten Boden des Stadtwaldes von Eberswalde feststeckte. Dabei gibt es in der Ampel gerade alles Mögliche, aber bestimmt keine Vorweihnachtsstimmung. Die Suche nach Geschenken ist seit dem Urteil der Bundesverfassungsrichter zu Schuldenbremse und Klimafonds vorerst abgesagt.

Christian Lindner hatte letzten Dienstag eigentlich schon etwas Feiertagsduft schnuppern wollen. Auf seiner Agenda stand die Präsentation einer Weihnachtsbriefmarke in einer Kirche im Berliner Stadtteil Neukölln. Aber der Finanzminister musste den Termin kurzfristig wegen Krisensitzungen wieder absagen. Wie in der Hauptstadt gemunkelt wurde, ging es an die Substanz der Koalition. Die "Botschaft des Engels – Euch ist heute der Heiland geboren" hätte in der augenblicklichen Situation aber vielleicht ohnehin nicht richtig gepasst. "Euch ist eine außergewöhnliche Notlage geboren und damit die erneute Aussetzung der Schuldenbremse" wäre wohl besser, aber weniger postwertzeichenkompatibel gewesen.

Mit Slogans ist es ja ohnehin so eine Sache. Immer wieder können sie missverstanden werden. Wie beispielsweise das große Plakat, das bis vor kurzem noch an Lindners Ministerium prankte: "Mit Geld und Verstand", war dort zu lesen. "Schulden bremsen, Chancen schaffen. Unser Bundeshaushalt." Dass genau diese Werbebotschaft vor einigen Tagen mit einem schwarzen Tuch verhüllt wurde, bringt das Karlsruher Klimaurteil noch einmal bildlich sehr schön auf den Punkt. Vom Ministerium beabsichtigt war dieses aber natürlich nicht. Die Tafel mit dem Slogan sollte ohnehin ausgetauscht werden. Und Urheber der Verhüllungsaktion à la Christo war offenbar ein Mitarbeiter des hierfür zuständigen Dienstleisters gewesen.

Am Freitag hatte der Finanzminister dann einen neuen Wohlfühltermin: In der Vertretung des Freistaates Sachsen galt es, die neue 25-Euro-Sammlermünze "Erzgebirgischer Schwibbogen" zu präsentieren. Allerdings: In einer Podiumsdiskussion sollte es dann auch um den gesamtdeutschen Strukturwandel gehen. Und ein solcher Strukturwandel – man könnte auch Transformation sagen – sollte ja eigentlich aus dem Klimafonds finanziert werden, aus dem die Verfassungsrichter gerade 60 Mrd. Euro gestrichen haben. Also doch wieder kein Wohlfühltermin.

Aber es ist ja noch Black Friday. Nicht nur an diesem Tag und in dieser Woche, sondern für Lindner und die anderen führenden Männer und Frauen der Regierungskoalition wohl noch eine ganze Zeit lang. Es gilt, bis Jahresende den Etat für 2024 völlig neu zu auszurichten und dabei möglichst viele Projekte aus den Sondervermögen, sprich: dem Klima- und Transformationsfonds und dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds, in die neue Haushaltsrealität zu retten. Wo gibt es denn was billiger und zu Discount-Preisen, lautet die aktuell wohl meistgestellte Frage in allen Ministerien. Lindner selbst macht keinen Hehl daraus, dass er gerne bei den Sozialausgaben sparen würde und auf Schnäppchen in der Klima- und der Industriepolitik seines Kabinettskollegen aus dem Wirtschaftsressort hofft. Lindner spricht in dem Zusammenhang gerne von "strukturellen Änderungen".

Es gilt erst einmal, ganz schnell den Nachtragshaushalt für 2023 über die Bühne zu bringen. Ob er sich schon auf das nächste Treffen mit dem Kanzler und den Vizekanzler freue, wurde der FDP-Chef jetzt in einem Interview gefragt. "Also ich habe keine feuchte Wohnung und private Freunde", lautete seine vielsagende Antwort. Er müsse nicht ständig im Kanzleramt seine Abende und Nächte verbringen. Aber es gehe ja nicht um Freude, sondern um Pflicht. Für die kommende Woche hat der Finanzminister erst einmal keine Wohlfühltermine im Kalender stehen.

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