Notiert inTokio

Brave und „böse“ Ausländer

Die Regierung holt mehr ausländische Arbeitskräfte nach Japan. Zur Beruhigung der Einheimischen verschafft sie sich Sanktionsoptionen gegen ausländische Einwohner.

Brave und „böse“ Ausländer

Brave und „böse“ Ausländer

Notiert in Tokio

Von Martin Fritz

In westlichen Ausländerkreisen auf der Plattform X hat man in der vergangenen Woche empört auf einen Post zu einem Artikel einer Boulevardwebseite reagiert, wonach Ausländer demnächst ihr permanentes Wohnsitzrecht verlieren sollen, falls sie keine Steuern entrichten und nicht in die staatliche Krankenversicherung und Rentenkasse einzahlen. Der Artikel erhielt durch ein Foto von Premierminister Fumio Kishida einen offiziellen Anstrich.

Einige Ausländer kritisierten das Vorhaben als unverhältnismäßig. Schließlich bekomme man den dauerhaften Wohnsitz nur unter der Voraussetzung, dass man zehn Jahre am Stück in Japan gewohnt, davon fünf Jahre gearbeitet und Einkommensteuer und Sozialversicherung bezahlt hat. Wenn das aus irgendeinem Grund plötzlich nicht mehr der Fall sei, könnte man ihnen doch nicht einfach das Wohnsitzrecht wegnehmen und sie des Landes verweisen. Einige Ausländer beruhigten sich selbst mit Anekdoten über die Flexibilität der Steuerbehörden. Wenn man ihnen erkläre, warum man mit der Zahlung im Verzug sei, würden sie eine Ratenzahlung akzeptieren, berichtete ein Ausländer.

Mitten in dieser aufgeregten Diskussion bestätigte die „Nikkei“-Zeitung, dass die Regierung die gesetzlichen Regelungen zum Aufenthaltsrecht tatsächlich bald überarbeiten wird. Nach dem derzeitigen System kann eine einmal erteilte Daueraufenthaltsgenehmigung nämlich nicht mehr rückgängig gemacht werden. Dadurch fehlen Sanktionsmöglichkeiten gegen die derzeit 880.000 Ausländer mit diesem Status. Falls sie ihre Zahlungspflichten nicht erfüllen, sollen sie künftig ihr Dauerwohnsitzrecht verlieren, aber mit einem befristeten und erneuerbaren Visum bleiben dürfen. „Diese Änderung wird mittel- und langfristig zu einer Erhöhung der Akzeptanz von Ausländern führen“, erklärte Justizminister Ryuji Koizumi.

Zugeständnis an Konservative

Das Timing des Vorhabens erklärt sich daraus, dass das Kabinett am Freitag ein neues Ausbildungsprogramm für technische Praktikanten beschloss. Wie bisher wirbt Japan ungelernte Arbeitskräfte im Ausland für Niedriglohnjobs an. Aber neuerdings wird ihnen erlaubt, nach genügend gesammelter Arbeitserfahrung in einem Sektor und bei ausreichenden Sprachkenntnissen auf ein Facharbeitervisum zu wechseln. Dann dürfen sie Familienangehörige nach Japan holen und können ein Daueraufenthaltsrecht beantragen. Mehr Ausländer würden dauerhaft in Japan wohnen.

Diese Aussicht schmeckt den Einwanderungsgegnern innerhalb der Regierungspartei LDP nicht. Premier Kishida kommt ihnen mit den geplanten Sanktionen gegen „böse“ Ausländer entgegen. Er will aber auch möglicher Kritik aus der Bevölkerung am neuen Ausbildungsprogramm zuvorkommen, nachdem sich die Zahl der Ausländer in zehn Jahren schon verdoppelt hat.

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