KommentarExportkontrolle bei Graphit

China verteilt Denkzettel

China sieht die Zeit gekommen im Streit mit westlichen Nationen mehr industriepolitisches Drohpotenzial zu entfalten. Exportkontrollen für den Batterie-Rohstoff Graphit sind ein probates Mittel.

China verteilt Denkzettel

Kampf um Rohstoffe

China verteilt Denkzettel

Von Norbert Hellmann

Im geo- und industriepolitischen Machtkampf zwischen China und der westlichen Welt leistet sich Peking einen kleinen, aber feinen Eskalationsschritt in Gestalt der Anbahnung von Exportrestriktionen für den Rohstoff Grafit. Das für E-Auto-Batterien unerlässliche Material wird nun als sicherheitspolitisch relevantes und streng kontrolliertes Exportgut deklariert. Im Klartext heißt das, China wird als führender Grafitproduzent und absoluter Platzhirsch bei den Raffinerieprozessen für die Verwendung im Bereich der Elektromobilität nach eigenem Gutdünken die Versorgung der westlichen Welt steuern.

Die chinesische Regierung beteuert treuherzig, dass die Maßnahme nicht gegen einzelne Länder oder Regionen gerichtet ist, sondern allgemein der Wahrung der nationalen Interessen dient. Diese freilich kann man mittlerweile dahingehend definieren, auf allen geo-, handels- und industriepolitischen Ebenen in einen Schlagabtausch mit den USA und verbündeten Industrieländern in der westlichen Welt und in Asien zu gehen.

In Ländern mit starker Autoindustrie wie USA, Deutschland, Frankreich, Japan und Korea sorgt die Maßnahme selbstverständlich für einige Aufregung und erfüllt aus Pekinger Sicht damit genau ihren Zweck. Es gibt gerade in letzter Zeit einige Rechnungen zu begleichen, die das Timing bestimmt haben dürften. Die USA haben jüngst wieder die Chinas Staatsführung besonders enervierenden Restriktionen im Bereich der Chiptechnologie weiter verschärft. Japan und Korea, deren Beziehungen zu China eine Tiefphase durchlaufen, sitzen bei den Chiprestriktionen mit im US-Boot. Die EU wiederum hat im vergangenen Monat ein Antisubventionsverfahren angekündigt, das in Strafzöllen gegen Exporte chinesischer E-Auto nach Europa münden kann.

Es gilt also, an alle diese Parteien Denkzettel zu verteilen beziehungsweise Rückschlagpotenzial zu signalisieren. Da die Versorgungskette für Grafit als Batteriematerial extrem stark auf China konzentriert ist, hat Peking einen starken Druckpunkt gefunden. Es gibt zwar Alternativen, die sich allerdings als teuer und zeitaufwendig erweisen dürften.

Es ist noch lange nicht gesagt, dass der neue Mechanismus gleich in Form von harten Ausfuhrbeschränkungen umgesetzt wird. Peking hat kein Interesse an einer raschen und massiven Eskalation von handels- und industriepolitischen Streitigkeiten. Eher geht es um eine Warnung, sich mit China nicht weiter anzulegen. Zudem will Peking demonstrieren, dass man rivalisierenden Ländern den Aufbau einer ähnlich starken E-Auto-Lieferkette wie der chinesischen zu verwehren weiß.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.