Schweizer Großbank

Credit Suisse unter Generalverdacht

Die vielen negativen Marktgerüchte drohen die Kapitalkosten der Bank zu verteuern und ihre Probleme zu verschärfen.

Credit Suisse unter Generalverdacht

Die Credit Suisse steht unter Generalverdacht. Auf einschlägigen Online-Plattformen wird zum Halali auf die angeschlagene Großbank geblasen. Da werden haufenweise Gerüchte fabriziert, sofern sie spektakulär genug klingen und zu dem in der Internet-Gemeinde offenbar vorherrschenden Untergangs-Narrativ passen. Natürlich war es die Credit Suisse selbst, die diesen Glücksrittern erst ermöglichte, es so bunt zu treiben.

Die Bank hat allein in den vergangenen drei Quartalen Verluste von 4 Mrd. sfr angehäuft. Sie musste in kurzer Zeit einen überforderten CEO entlassen, einen von der Realität entrückten Verwaltungsratschef ersetzen, die Abgänge von wichtigen Managern verkraften und mit dem restlichen Team eine Havarie der in stürmischen Gewässern navigierenden Investmentbank verhindern. Im Bemühen, in diesem Chaos die Übersicht zu bewahren, ordnete das Management den drastischen Abbau von Marktrisiken an – mit dem Ergebnis, dass die Bank gerade einen dramatischen Umsatzeinbruch erlebt. Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass die Tweets mit den scheinbar heißesten Informationen gerade die größte Verbreitung erfahren, auch wenn sie sich meistens als unfundiert herausstellen. Eine weltweit vernetzte Investorengemeinde ist offenbar erpicht darauf, ihre negativen Erwartungen für die Bank bestätigt zu sehen. So werden auch Vorgänge zur Nachricht, die diese Bezeichnung eigentlich gar nicht verdienen.

Am Sonntag etwa hatte die „Financial Times“ unter Bezugnahme auf bankinterne Quellen berichtet, das Management der Credit Suisse sei damit beschäftigt, große Kunden anzurufen, um sie über die tatsächliche Kapitalsituation der Bank aufzuklären. Was in der aktuellen Situation eigentlich eine Selbstverständlichkeit ist, verstand offenbar mancher Investor als Akt der Verzweiflung und weiteren Beleg, wie schlimm es um die Bank steht.

Inzwischen werden auch direkte Vergleiche mit der Krise der Deutschen Bank 2016 gezogen. In dem Direktvergleich schneidet die Credit Suisse in vielerlei Hinsicht besser ab. So liegt die Kernkapitalquote der Credit Suisse per Ende Juni 2022 mit 13,5% rund ein Viertel über jener der Deutschen Bank von damals. Auch die CDS-Renditen der Deutschen Bank waren damals höher als jene der Credit Suisse. Dennoch zeigen die Preisausschläge bei den Kreditausfallversicherungen der Credit Suisse inzwischen das Risiko eines Zahlungsausfalls binnen fünf Jahren von mehr als 20% an. Über die Verlässlichkeit solcher Signale lässt sich zwar streiten. Allerdings scheint die Annahme vernünftig, dass solche Extremsignale das Risiko bergen, zur selbsterfüllenden Prophezeiung zu werden.

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