Brüssel

Das Geld für Europas nächste Generation fließt

Jedes dritte EU-Land hat mittlerweile Geld aus dem Brüsseler Wiederaufbaufonds erhalten. Auszahlungsreif sind allerdings noch längst nicht alle Finanzpläne. Und zwei Länder haben noch nicht einmal ihre milliardenschweren Förderprojekte zur Genehmigung eingereicht.

Das Geld für Europas nächste Generation fließt

Nach gut einem Jahr Vorbereitungszeit fließen seit knapp drei Wochen die ersten Gelder aus dem europäischen Wiederaufbaufonds. Ein Drittel der EU-Staaten hat mittlerweile schon ihre beantragten Vorfinanzierungen erhalten. Die höchsten Summen hat die EU-Kommission nach Italien (25 Mrd. Euro), Spanien (9 Mrd.), Frankreich (5 Mrd.) und Griechenland (4 Mrd.) überwiesen. Auch Deutschland hat am Donnerstag schon Geld erhalten: 2,25 Mrd. Euro, also 9% der insgesamt beantragten Zuschüsse aus dem „Next Generation EU“-Topf, wie der Aufbaufonds in Brüssel genannt wird. Die Bundesregierung hat darauf verzichtet, die komplette Summe der möglichen Vorfinanzierung abzurufen.

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Auszahlungsreif sind allerdings noch längst nicht alle nationalen Aufbaupläne. Noch gar keine Investitions- und Reformprojekte zur Finanzierung eingereicht haben Bulgarien und die Niederlande. In beiden Fällen fehlen aktuell handlungsfähige Regierungen, die dies in die Wege leiten könnten. In den Niederlanden sind seit der Parlamentswahl im März schon fünf Monate vergangen, ohne dass es dem bisherigen Ministerpräsidenten Mark Rutte gelungen ist, eine neue Koalition festzuzurren. Und in Bulgarien ist im Juli zwar Bojko Borissow als Regierungschef abgewählt worden. Ein stabiles neues Bündnis ist aber auch hier nicht absehbar. Dabei warten in Brüssel 12 Mrd. Euro im Wiederaufbaufonds auf einen Abruf. Für die Niederlande sind immerhin noch 7 Mrd. Euro reserviert.

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Die EU-Kommission hat mittlerweile 23 der 25 eingereichten Finanzierungspläne genehmigt. Lediglich bei den Plänen von Polen und Ungarn gibt es noch Fragezeichen. Aber das hat bekanntlich nichts mit den eigentlichen Projekten zu tun, die aus dem 750-Mrd.-Euro-Topf aus Brüssel bezahlt werden sollen, sondern einmal mehr mit dem anhaltenden Streit mit beiden Ländern über das Thema Rechtsstaatlichkeit – schließlich gibt es mittlerweile die Möglichkeit, auch Gelder zu kürzen. Und das EU-Parlament treibt die Kommission in dieser Frage vor sich her. Im Juni hatten die Abgeordneten die Brüsseler Behörde unter Androhung einer Untätigkeitsklage aufgefordert, endlich das neue Verfahren zur Ahndung von Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit zu nutzen. Die dazugehörige Frist, die in dieser Woche auslief, hat die Kommission verstreichen lassen. Aber eine Freigabe der nationalen Aufbaupläne von Polen und Ungarn hat sie sich bislang auch nicht recht getraut.

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Der Rat der Mitgliedstaaten – konkret: die Finanzminister –, die die nationalen Pläne vor einer Auszahlung der „NextGenEU“-Gelder ebenfalls noch abnicken müssen, haben bislang bereits 16 Mal grünes Licht gegeben. Weitere Freigaben könnten in der ersten September-Hälfte folgen, wenn sich die Minister zu einem informellen Ecofin in Slowenien treffen. Eigentlich war für die Überprüfung der einzelnen Pläne durch den Rat nur ein Monat vorgesehen, der nach der jeweiligen Billigung durch die Kommission beginnen sollte.

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Im Zuge der ersten Überweisung nach Deutschland lobte die Brüsseler Behörde noch einmal, dass mit den deutschen Vorhaben Initiativen für eine effiziente Wasserstoffwirtschaft unterstützt, Mittel in die Verkehrswende und energetische Gebäudesanierungen investiert und die öffentliche Verwaltung sowie das Gesundheits- und Bildungswesen digitalisiert würden. Einen Seitenhieb konnte sich EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni dann aber nicht verkneifen: Besonders zu begrüßen, erklärte er, seien dabei auch die Maßnahmen, mit denen benachteiligte Gruppen unterstützt und mehr Frauen zur Teilhabe am Arbeitsmarkt befähigt werden sollten, zum Beispiel durch ein größeres Angebot an Kinderbetreuung und Ganztagsschulen. „Dies sind Herausforderungen, die die Kommission Deutschland schon seit Langem ans Herz gelegt hat“, betonte der Italiener.

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