Im BlickfeldNach Regierungswechsel

Polens Medienmarkt bleibt schwieriges Terrain

Die neue Regierung in Polen versucht, die alten Eliten aus den staatlichen Medienhäusern zu entfernen. Der Streit um den Umbau belastet den Markt, deutsche Medienhäuser bleiben jedoch optimistisch und hoffen auf neue Chancen.

Polens Medienmarkt bleibt schwieriges Terrain

Als im Herbst in Polen eine bunte Koalition der Opposition die Regierung übernahm, haben viele in Deutschland gedacht, dass jetzt dort endlich wieder Rechtsstaatlichkeit einkehrt. Denn acht Jahre lang zuvor hatte die nationalkonservative Partei für Recht und Gerechtigkeit (PiS) in radikaler Weise insbesondere die staatliche Fernsehstation TVP, das Polnische Radio (PR) und die amtliche Nachrichtenagentur PAP mit parteinahem Personal besetzt – und sich genau deswegen die scharfe Kritik der EU zugezogen.

Doch nun ist die neue Regierung seit Jahreswende dabei, die alten Eliten mit Methoden aus den Ämtern zu jagen, die viele polnische Juristen für ebenso rechtlich fragwürdig halten wie damals bei der PiS: So hat die Regierung versucht, die TVP, das PR und die Nachrichtenagentur PAP zu liquidieren, weil es zu lange dauern würde, die alten Führungsköpfe in den Gremien der Medienhäuser abzulösen.

Im Mittelpunkt steht hier der „Nationale Medienrat“ – ein Organ, das keine andere Funktion hat, als die Führungsleute in diesen Medien zu ernennen und abzuberufen. Erst in diesem Quartal konnte die neue Regierung im Parlament hier eine Initiative einbringen, um das Organ wieder aus der Welt zu schaffen.

Durchwachsener Erfolg

Der Erfolg des Medienumbaus ist bislang durchwachsen: So haben die Gerichte die Liquidierung der PAP zwar bereits ins nationale Gerichtsregister KRS eingetragen. Die Eliminierung von TVP und PR akzeptierten sie hingegen bislang nicht.

„Der Status der Liquidierung wirkt sich nicht auf die Vision der Agentur aus“, sagt Marek Błoński, der Liquidator der PAP, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Dazu gehöre die Vorgabe, die Agentur müsse eine „glaubwürdige“, „hochqualitative“ und „komplexe“ Informationsquelle sein. „Die Qualität des Angebots, die es in der Vergangenheit gab, hat uns nicht gefallen“, so ein Vertreter der Einrichtung. „Das wollen wir verbessern“, erklärt er. „Ein Fünftel der Volumina wird weiterhin mit staatlichen Zuwendungen ermöglicht“, sagt Błoński, der andeutet, dass der Betrieb normal weiterlaufe.

Gerade das kritisieren viele polnische Juristen. Sie argumentieren, dass eine Firma, die liquidiert worden sei, keinen normalen Betrieb weiterführen könne. „Die Liquidierung ist ein Fake“, sagen sie.

Private Medienunternehmen halten sich in der Debatte bislang zurück. Wir sind einer der wichtigsten und größten Verlage in Polen, und nach Angaben des Reuters-Instituts genießen unsere Online-Medien bei den Polen das größte Vertrauen“, erklärt Karolina Sznajder, die Sprecherin von Ringier Axel Springer Polska (RAS Polska), im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.

Deutsch-Schweizer Joint Venture

Der deutsche Konzern betreibt sein Polen-Geschäft gemeinsam mit dem Schweizer Mitbewerber in einem Joint Venture. „Unsere Aufgabe ist es, vertrauenswürdige Inhalte zu liefern und den Markt mit glaubwürdigem Journalismus zu prägen“, so die Unternehmensvertreterin.

Unabhängig von dem Streit um staatliche Medien ist durch den Regierungswechsel für deutsche Unternehmen eine spürbare Verbesserung der Atmosphäre eingetreten. Die Regierungssprecher und öffentlichen Stellen erteilen sofort Auskunft und bemühen sich um Stellungnahmen. In den acht Jahren zuvor war es wirklich nicht einfach, jetzt wird in dieser Hinsicht alles besser. „Jede Entwicklung, die die Medienfreiheit stärkt, geht in die richtige Richtung“, sagte Sznajder von RAS Polska dazu.

Kleiner Markt für Medien in Polen

Grundsätzlich gilt Polen unter Experten als „kleiner Markt“, der pro Jahr Reklameerlöse von umgerechnet rund 2 bis 3 Mrd. Euro erzielt. Wichtigstes Werbemedium ist das Internet mit fast 44% Marktanteil, gefolgt vom TV mit rund 40%. Das Radio befindet sich mit 7% auf dem dritten Platz, gefolgt von der Außenwerbung. Printmedien erreichen gerade mal 2,7%.

In Deutschland ist das Marktvolumen mit mehr als 25 Mrd. Euro also rund zehnmal so groß. Im Mittelpunkt des polnischen Marktes steht die PAP, die jährliche Umsätze in Höhe von pro Jahr 60 bis 70 Mill. Złoty (14 bis 16 Mill. Euro) generiert. Sie agiert im Prinzip als einzige Nachrichtenagentur, die alle versorgt. Zum Vergleich: Die DPA erzielt jährliche Erlöse von rund 100 Mill. Euro, hat aber eine echte Konkurrenz in Deutschland.

Wichtige Medien Polens

Dabei gilt RAS Polska in Polen als bedeutender Akteur, der 2022 einen Erlös von rund 660 Mill. Złoty (gut 150 Mill. Euro) erzielt hat. Wichtig ist der Onlinedienst „Onet“, der zu den reichweitenstärksten im Land zählt. Bedeutsam sind auch die Boulevard-Publikation „Fakt“ im Bild-Format und das Nachrichtenmagazin „Newsweek Polska“. Darüber hinaus spielt die Bauer Media Group (BMG) am Zeitschriftenmarkt eine wichtige Rolle und kontrolliert die Radiostation RMF.FM, einen Musik- und Informationssender.

„Leider äußern wir uns nicht zur Politik“, erklärte Maciej Brzozowski, der Sprecher der BMG in Polen, und wies nur auf die geschäftliche Entwicklung seines Unternehmens hin: „Was die Ergebnisse des letzten Jahres betrifft, so sind wir mit ihnen zufrieden“, so der Sprecher. „Wir sind Marktführer bei den Zeitschriften und Eigentümer zweier hochmoderner Druckereien, was uns in den Augen unserer Leser zu einer Art Experten in vielen Lebensbereichen macht“, erklärte er. 

Langwieriger Streit

BMG habe 2023 acht der zehn meistgelesenen Zeitschriften verlegt. „Fast 6,3 Millionen Leser, darunter mehr als 4,3 Millionen Frauen, greifen zu unseren Titeln“, so Brzozowski. „Unter den Top 10 der meistgelesenen Zeitschriften auf dem polnischen Markt befinden sich die zwei TV-Magazine Tele Tydzień und To & Owo TV“, so der Sprecher von Bauer. Diese beiden Zeitschriften werden seinen Aussagen zufolge von mehr als 1,7 Millionen Menschen gelesen.

Der Streit um den Umbau der Medien dürfte zwar noch eine Weile den Markt belasten, doch bleiben die deutschen Medienhäuser optimistisch: „Für das kommende Jahr rechnen wir mit einem günstigeren wirtschaftlichen Umfeld und weiterem dynamischen Wachstum“, sagt Sznajder von RAS Polska. „Wir hoffen, dass dieses Jahr ebenso erfolgreich wie 2023 sein wird“, warf ebenso Sprecher Brzozowski einen positiven Blick voraus. Mit der Neuordnung des Marktes sollte es für deutsche Medien jedenfalls auch neue Chancen geben.

Polens Medienmarkt bleibt schwierig

Die neue Regierung in Polen versucht, die alten Eliten aus den staatlichen Medienhäusern zu entfernen. Der Streit um den Umbau belastet den Markt, deutsche Medienhäuser bleiben jedoch optimistisch und hoffen auf neue Chancen.

Von Sebastian Becker, Warschau

Journalisten arbeiten im Abendnachrichtenprogramm des öffentlichen TV-Senders TVP in Warschau. Die neue Regierung will den Sender umkrempeln und greift dabei zu fragwürdigen Methoden.

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