LeitartikelDollar

Der Greenback hat gute Karten

Der Dollar sollte in den kommenden Wochen eher zur Stärke neigen. Eine Verschiebung der US-Leitzinssenkung ist nicht das einzige Argument dafür.

Der Greenback hat gute Karten

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Der Greenback hat gute Karten

Von Kai Johannsen

Für einen stärkeren Dollar sprechen derzeit viele Argumente – ins-besondere eine Verschiebung der erwarteten US-Zinssenkung.

In solider Verfassung sollte sich der Dollar in den kommenden Wochen präsentieren. Denn dafür sprechen derzeit mehr Argumente, als sich dagegen anführen lassen. Da ist zunächst die Geldpolitik der Fed, die womöglich in den nächsten Wochen einen Schwenk erfahren könnte. Hatten sich die Akteure auf den Devisenmärkten bislang darauf eingestellt, dass die US-Währungshüter im Juni zu ihrer ersten Leitzinssenkung nach der langen Phase der Zinserhöhungen übergehen, hat sich das Bild gewandelt. US-Notenbanker Neel Kashkari warf vor wenigen Tagen die Frage auf, ob die Zinssenkungen überhaupt noch benötigt werden. Das befeuerte an den Märkten nun die Diskussion, dass die Fed womöglich nicht schon im Juni zu Zinssenkungen greift, sondern „higher-for-longer“ den Märkten noch ein wenig erhalten bleiben könnte. Die Aussicht auf höhere Leitzinsen in das zweite Halbjahr hinein dürfte sich als unterstützend für den Greenback gegenüber dem Euro, aber auch anderen Währungen erweisen.

Zu berücksichtigen haben Anleger bei der jüngst angeschlagenen Zinsrhetorik aber auch zwei weitere Aspekte. Zum einen ist es in der Vergangenheit schon häufiger zu beobachten gewesen, dass gerade Fed-Mitglieder, die aktuell nicht stimmberechtigt in Sachen Zinspolitik sind, einen anderen Ton anschlagen als ihre Kollegen mit Stimmrecht. Die Sichtweise der nicht stimmberechtigten Fed-Vertreter hat sich dabei nicht immer durchgesetzt. So könnte es auch dieses Mal sein. Zum anderen ist die Fed nicht gerade für ein forsches bzw. schnell entschlossenes Vorgehen in Sachen Geldpolitikänderung bekannt. Abwarten, Vorsicht walten lassen und wieder und wieder die Gesamtsituation überdenken sind dann eher Charakteristika der Vorgehensweise der Fed-Verantwortlichen. Eine Fed, die weiter abwartet und die Zinsen hochhält, stützt die eigene Währung.

Wichtig wird in den nächsten Wochen nicht nur sein, wie die realwirtschaftliche Entwicklung ist, sondern auch der Pfad, den die US-Inflation in dieser Zeit einschlagen wird. Die jüngsten US-Arbeitsmarktdaten haben unter Beweis gestellt, dass die Beschäftigtensituation in den USA weiterhin sehr robust ist. Es werden weiter neue Jobs geschaffen, im März sogar unerwartet viele. Das bedeutet auch Lohndruck, und dieser könnte wiederum die Inflation nach oben treiben und die Fed damit nicht gerade zu einer Zinssenkung veranlassen – im Gegenteil. Zwar rechnet am Markt derzeit keiner ernsthaft mit einer Rückkehr der Teuerung zu Hochs, die in den vergangenen Monaten gesehen wurden, sondern eher damit, dass sich die Teuerung in Richtung Fed-Ziel bewegen wird. Ausreißer nach oben auf Monatsbasis könnten aber wiederum die Diskussion befeuern, dass es noch nicht Zeit für eine Leitzinssenkung ist, sondern Abwarten eher angebracht erscheint. Auch das würde dann den Greenback gegenüber dem Euro stützen.

Die Gemeinschaftswährung sollte von der Leitzinsseite eher weniger Unterstützung erfahren. Bei der anstehenden Zinssitzung ist zwar kaum anzunehmen, dass die EZB bereits zur Tat schreitet, das wird eher für Juni erwartet. Aber EZB-Präsidentin Christine Lagarde und ihre Kollegen werden den Boden für diese Zinssenkung bereiten. Dass diese dann keine ausgemachte Sache für Juni ist, ist selbstredend. Eine Zinssenkung, die für die Eurozone mit großer Wahrscheinlichkeit ansteht, ist für den Euro schwächend auszulegen und damit dollarpositiv.

Hinzu kommt die Zinsdifferenz zwischen der Eurozone und den USA. Im zehnjährigen Bereich liegen die Bundestitel bei knapp 2,40%, die US-Staatsanleihen liegen satte 200 BP höher. Das spricht für US-Bonds und damit wiederum für den Dollar als Anlagewährung. Hält die Fed die Zinsen hoch und geht die EZB womöglich zu Senkungen über, könnte sich die Zinsdifferenz zugunsten des Greenback noch ausweiten. Es zieht natürlich auch eine Unbekannte auf, und das sind die US-Präsidentschaftswahlen. Sie sollten dann spätestens im dritten Quartal stärker ins Rampenlicht rücken. Je nachdem, wie die Rhetorik in Sachen Handelshemmnisse verläuft, könnte das für den Greenback einige Irritationen auf den Devisenmärkten nach sich ziehen. Und das könnte die US-Devise zeitweise schwächen.

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