Washington

Der lange Schatten des Donald Trump

Für Demokraten, die glaubten, dass Donald Trump nach seinen vier turbulenten Jahren im Weißen Haus von der politischen Bildfläche verschwinden würde, könnte es schon recht bald ein böses Erwachen geben. Zwar wurde nach dem Aufstand im Kapitol, den...

Der lange Schatten des Donald Trump

Für Demokraten, die glaubten, dass Donald Trump nach seinen vier turbulenten Jahren im Weißen Haus von der politischen Bildfläche verschwinden würde, könnte es schon recht bald ein böses Erwachen geben. Zwar wurde nach dem Aufstand im Kapitol, den der ehemalige Präsident mit seiner hetzerischen Rede angezettelt hatte, sein Twitter-Konto permanent gesperrt. Auch verlängerte Facebook kürzlich Trumps Ausschluss um zwei Jahre. Folglich blieben ihm nur noch gelegentliche Interviews bei konservativen Fernsehstationen sowie bis vor einer Woche Blogs auf seiner Plattform „From the Desk of Donald J. Trump“. Der Blog ist nun ebenfalls aus dem Internet verschwunden, angeblich weil der Immobilienunternehmer sich „einer deutlich größeren Medienplattform anschließen wird“.

Trumps Präsenz allein genügt aber, um Republikaner bei der Stange zu halten. Sie stehen nicht nur zu ihrem De-facto-Parteichef und verbreiten seine sogenannte „Große Lüge“ über die angeblich gestohlene Präsidentschaftswahl. Mittlerweile stellen sie auch die Weichen für die Manipulation der kommenden Kongresswahlen und hoffen dann, in knapp dreieinhalb Jahren, den großen Preis, nämlich das Weiße Haus zurückzuerobern.

Nach Angaben des Brennan Center­ for Justice der New York University debattieren republikanisch beherrschte Parlamente in 47 US-Staa­ten über nicht weniger als 361 Gesetze, welche künftig die Teilnahme an Wahlen erschweren werden. Viele wurden bereits verabschiedet. In Georgia beispielsweise beschlossen die Gesetzgeber, dass „mobile Wahllokale“, in der Regel Busse, nur noch erlaubt sein werden, wenn der republikanische Gouverneur einen Notstand ausruft. Bisher waren bewegliche Wahlstationen eine Selbstverständlichkeit, weil sie Personen, die kein Auto besitzen und kaum Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln haben, erlauben, dennoch ihre Stimme abzugeben. Auch will der Südstaat „provisorische Stimmzettel“, also solche, die noch der Verifizierung des Wählers bedürfen, nicht zählen, falls diese im „falschen“ Wahllokal abgegeben wurden­.

Kaum besser stellt sich die Lage in anderen Staaten dar. In Texas soll sonntags die Stimmabgabe vor 13 Uhr verboten sein. Dieser Passus zielt offenkundig auf vorwiegend afroamerikanische Wähler ab – in der Regel Demokraten – die häufig nach dem morgendlichen Gottesdienst direkt ins Wahllokal gehen, um sich einen zweiten Weg zu ersparen. Andere Gesetze sollen die Ausweiskontrolle bei der Wähleridentifikation verschärfen und Briefwahlstimmen für ungültig erklären, auf denen die Unterschrift nicht exakt mit der auf dem Führerschein übereinstimmt. Auch sollen in vielen Staaten die meisten „Drop Boxes“, also offizielle Sammelkästen für Stimmzettel, entfernt werden. Durchweg handelt es sich um Wahlmethoden, derer sich während der Corona-Pandemie, aber auch in normalen Zeiten, vorwiegend demokratische Wähler, insbesondere Minderheiten bedienen.

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Schlechte Karten halten Demokraten nicht nur wegen der Versuche, die Wahlbeteiligung zu manipulieren. Hinzu kommt nämlich, dass republikanische Parlamente während des nächsten Jahres die Möglichkeit haben werden, die Grenzen von fast 190 Wahlbezirken neu festzulegen. Auf diesem Wege können bestimmte Wählergruppen marginalisiert werden, womit die Wahrscheinlichkeit steigen würde, dass mehr Sitze im Repräsentantenhaus an konservative Kandidaten gehen.

Tatkräftig unterstützt werden Republikaner in diesen Bemühungen von keinem Geringeren als Trump. Er freut sich insbesondere über Vorstöße, die nach der Präsidentschaftswahl in mehreren Staaten konservativen Gouverneuren erlauben würden, Wahlleiter abzusetzen und dem Elektorensieg eines demokratischen Kandidaten die Zertifizierung zu verweigern. Demokraten vermuten, dass der Ex-Prä­sident, der schon laut über eine Kandidatur im Jahre 2024 nachdenkt, damit eine konkrete Strategie verfolgt. Hätten Republikaner nämlich nach der letzten Wahl über dasselbe gesetzliche Instrumentarium verfügt, dann könnte der Präsident heute noch Donald J. Trump heißen.