Der Spielraum der Regierung
US-Arbeitsmarktbericht
Der Spielraum
der Regierung
Von Dieter Kuckelkorn
Die Zahlen vom US-Arbeitsmarkt gehören zu den an den Kapitalmärkten am stärksten beachteten Makrodaten – insbesondere momentan, weil gerätselt wird, wann die US-Notenbank mit den Zinssenkungen beginnt und wie umfangreich diese ausfallen. Daher sah sich auch Fed-Chairman Jerome Powell veranlasst, sich auf seiner jüngsten Pressekonferenz dazu zu äußern: Es gebe das Argument, dass die Payroll-Daten derzeit „ein wenig zu hoch angesetzt“ seien. Damit scheint sich Powell den zahlreichen Kritikern anzuschließen, die auffällige Diskrepanzen in den Daten monieren. Diese wecken den Verdacht einer sehr weitgehenden Nutzung von Spielräumen durch die Biden-Administration, sodass die Lage der US-Volkswirtschaft vor den Wahlen offenbar besser dargestellt wird, als sie es nach Ansicht der Kritiker ist.
Der Arbeitsmarktbericht setzt sich aus zwei getrennt erhobenen Teilen zusammen. Gemäß der stärker beachteten Umfrage in Unternehmen (dies sind die Payroll-Daten) hat es im Mai einen Nettozuwachs von 272.000 Stellen gegeben. Die Umfrage in den privaten Haushalten hatte jedoch einen Rückgang der Beschäftigung um 408.000 Personen zum Ergebnis – und eine auf das Dreijahreshoch von 4% gekletterte Arbeitslosenquote. Es gibt also eine ganz erstaunliche Diskrepanz von 680.000 Stellen/Personen und damit auch ein jeweils anderes Vorzeichen der Tendenz gegenüber dem Vormonat, wobei eben die stärker beachteten Daten viel besser aussehen.
Der Unterschied erklärt sich damit, dass in die Ergebnisse der Unternehmensumfrage mehr oder weniger willkürliche Annahmen der Regierung über die Anzahl neuer Unternehmen und Pleiten eingehen. Dies ist der Spielraum, der aktuell stark ausgenutzt wird. Es handelt sich aber nur um eine von mehreren seit langem genutzten Verschönerungsmaßnahmen. Eine andere Maßnahme stellt beispielsweise die Abgrenzung von Arbeitslosigkeit dar, die überhaupt in die offiziell präsentierte Quote eingeht oder eben nicht. Powell hat jedenfalls deutlich gemacht, dass er sich nicht hinters Licht führen lässt. Die Anleger sollten es genauso handhaben.