Paris

Der Triumphbogen bekommt ein neues Kleid

26 Jahre nach dem Reichstag wird im Gedenken an Verpackungskünstler Christo in Paris der Triumphbogen eingepackt. Doch an der Aktion regt sich auch Kritik.

Der Triumphbogen bekommt ein neues Kleid

Es war der Traum seines Lebens. Doch er selber kann ihn nicht mehr erleben. Dafür können Einwohner und Besucher ab nächstem Samstag den nach einem von 1961 stammenden Projekt des im vorigen Jahr verstorbenen Künstlers Christo verpackten Triumphbogen in Paris bewundern. 95 Höhenarbeiter haben diesen Sonntag unter den staunenden Blicken der Passanten damit begonnen, dem 50 Meter hohen Baudenkmal ein neues Kleid zu verpassen. 25000 Quadratmeter recycelbarer Polypropylen-Stoff in gebrochenem Blau und 3000 Meter lange rote Seile sind dafür nötig.

Wie bereits bei der Reichstagsverhüllung stammen die Seile auch diesmal von Gleistein, dem nach eigenen Angaben ältesten Familienunternehmen Bremens. „Ich habe mich sehr gefreut, als wir wieder kontaktiert wurden, um Teil des Projekts ‚L’arc de Triomphe, Wrapped‘ zu sein und umso mehr, dann festzustellen: Die, die es damals zusammen gemacht haben vor 26 Jahren, machen es jetzt auch wieder zusammen“, erklärt Gleistein-Geschäftsführer Klaus Walther.

Beaufsichtigt werden die Arbeiten an dem Projekt von Christos Neffen Vladimir Yavachev. Die größte Herausforderung dabei sei, es ohne seinen Onkel umsetzen zu müssen, sagt er. Der Enthusiasmus Christos, seine Kritik und seine Energie würden ihm jetzt fehlen. Den Triumphbogen zu verpacken sei der Lebenstraum seines Onkels und seiner Tante Jean-Claude gewesen. Die Idee dazu war den beiden gekommen, als sie das von Napoleon in Auftrag gegebene Bauwerk vom Fenster ihres in der Avenue Foch gelegenen ersten Pariser Appartements aus sahen.

Trotz aller Begeisterung regt sich auch Kritik an dem Verpackungskunstwerk, das bis zum 3. Oktober zu sehen sein wird. „Packen Sie den Triumphbogen wieder aus, um Christo zu ehren“, lautet die Überschrift eines Gastbeitrags des seinerzeit mit dem bulgarischen Künstler befreundeten Architekten Carlo Ratti in „Le Monde“. „Ich schlage vor, sowohl aus ökologischen als auch aus intellektuellen Gründen aufzuhören, den Triumphbogen zu verpacken“, schreibt er. Es stelle sich die Frage, ob man es sich noch leisten könnte, 25000 Quadratmeter Stoff für die Verhüllung eines Baudenkmals zu verschwenden, auch wenn es sich um recycelbares Material handele. „Die Modeindustrie ist für 10% des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich und die Stoffherstellung ist der zweitgrößte Verbraucher von Wasser in einer Welt, in der 2,7 Milliarden Menschen von Wassermangel betroffen sind“, gibt Ratti zu bedenken.

Dennoch hat die für ihr Umweltschutzengagement bekannte Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo sofort zugestimmt, als ihr das Projekt angetragen wurde. Sie wolle damit ein Zeichen setzen, dass Paris eine Stadt sei, die in der Lage sei, ausgehend von ihrem Kulturerbe die Gegenwart und die Zukunft in einer von großem Stress und Blockaden geprägten Zeit zu verzaubern, sagt sie. „Das wird, so hoffe ich, dazu beitragen, ausländische Touristen zurückzulocken.“

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Hidalgo hat Sonntag offiziell ihre Kandidatur für die Präsidentschaftswahlen im nächsten Frühjahr bekanntgegeben. Diese bestimmten die Schlagzeilen am Wochenende. So kündigte der frühere Premierminister Édouard Philippe seine volle Unterstützung für Präsident Emmanuel Macron an, während Marine Le Pen vom rechtsextremen Rassemblement National in Fréjus den Startschuss für ihren Wahlkampf gab, der unter dem Motto „Liberté“ steht. Immerhin ist die Freiheit eines der wichtigsten Argumente der Impfgegner und der Gegner des Gesundheitspasses, die seit mehreren Wochen jeden Samstag in französischen Großstädten auf die Straße gehen.

Florian Philippot, Le Pens ehemalige rechte Hand, ist einer der Anführer dieser Protestbewegung, bei deren Demonstrationen auffällig viele französische Nationalflaggen geschwenkt werden. „Wenn Hunderttausende auf die Straße gehen und das Wort ,Liberté‘ skandieren, gibt es einen Unmut, den man hören muss“, sagt Le Pen. Sie versprach, die Präsidentin der französischen Freiheiten zu werden. Was genau das auf europa- und wirtschaftspolitischer Ebene konkret bedeuten soll, hat sie jedoch eher im Unklaren gelassen.

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