Luftfahrt

Die Probleme der Airlines aus dem Mittleren Osten

Corona hat die Golf-Carrier hart getroffen, da die Fluggesellschaften aus dem Mittleren Osten stärker abhängig vom Langstreckengeschäft sind als Konkurrenten aus anderen Regionen. Probleme gab es jedoch bereits vor Ausbruch der Pandemie.

Die Probleme der Airlines aus dem Mittleren Osten

Von Gesche Wüpper, Paris

Die Strandliegen im Riva Beach Club sind nachmittags alle belegt, viele Hotels und Flüge ausgebucht. Die Gäste kommen von fast überall her – ob Familie mit Kleinkindern, junge und ältere Paare, Freundesgruppen aller Altersklassen oder Geschäftsreisende. „Die Zahl der Besucher in Dubai wird voraussichtlich in den letzten Wochen des Jahres das Vorkrisenniveau übersteigen“, ist Paul Griffiths überzeugt. Der Chef von Dubai Airports hat gerade gemeldet, dass der Heimatflughafen von Emi­rates wieder voll betriebsbereit sei.

Die Corona-Pandemie hat die Golf-Carrier hart getroffen – zumal die Fluggesellschaften aus dem Mittleren Osten im Vergleich zu Konkurrenten aus anderen Regionen stärker abhängig vom internationalen Langstreckengeschäft sind. Ihr Geschäftsmodell basiert auf ihren als Drehkreuze ausgelegten Flughäfen. Während der regionale Binnenmarkt vergleichsweise klein ist, ist ihre Abhängigkeit von Flugverbindungen in den Asien-Pazifik-Raum relativ groß; eine Region, in der besonders strenge Reisebeschränkungen gelten.

Entsprechend mussten die Fluggesellschaften aus dem Mittleren Osten laut der International Air Transport Association (IATA) 2020 mit 72,1% den größten Einbruch der in verkauften Passagierkilometern gemessenen Nachfrage hinnehmen. Ihre operative Marge verringerte sich um 21%, und unter dem Strich fiel ein Nettoverlust von zusammen 8,5 Mrd. Dollar an. Auch in diesem Jahr und 2022 dürfte die Nachfrage in der Region stärker als in anderen leiden, schätzt der Branchenverband.

Politisch instabile Lage

Alles die Schuld von Corona, könnte man angesichts der Turbulenzen, denen die Luftfahrtbranche seit Anfang 2020 ausgesetzt ist, meinen. Dabei mussten die Fluggesellschaften aus dem Mittleren Osten bereits vor Ausbruch der Pandemie mit einer Reihe von Herausforderungen kämpfen. Während Airlines in Europa, Nordamerika und in der Asien-Pazifik-Region 2018 und im Vorkrisenjahr 2019 Gewinne auswiesen, fiel bei ihnen mit je –1,5 Mrd. Dollar der weltweit größte Verlust an. Gleichzeitig verbuchten sie 2019 mit einem Plus von gerade mal 2,3% den schwächsten Anstieg der Nachfrage.

Grund war zum einen die politisch instabile Lage in der Region, die sich auch an der Blockade zeigte, die Saudi-Arabien, Ägypten, Bahrain und die Vereinigten Arabischen Emirate gegen Katar verhängt hatten. Gleichzeitig bekamen die Airlines der Region im Frachtgeschäft auch die Spannungen zwischen den USA und China zu spüren.

Auch wenn die Fluggesellschaften aus dem Mittleren Osten insgesamt weiter rote Zahlen schreiben dürften, gibt es positive Signale. So wurde die Blockade gegen Katar nach drei Jahren im Januar aufgehoben. Zuvor hatten sich bereits die diplomatischen Beziehungen zwischen Israel und mehreren arabischen Staaten wieder normalisiert. Auch die Spannungen, die es zwischen US-Airlines und den Golf-Carriern wegen Staatshilfen gab, sind inzwischen abgeklungen. Die Wirtschaft in dem für Tourismus und Handel bekannten Dubai hat sich schneller wieder erholt als von vielen erwartet, und der Low-Cost-Airline Air Arabia ist es gelungen, trotz der Pandemie rentabel zu bleiben. Saudi-Arabien habe einen großen Binnenmarkt, der nun von hohen Impfraten und vergleichsweise niedrigen Inzidenzen profitiere, sagt auch Con Korfiatis, der Chef von Flyadeal, der Billigtochter von Saudia.

Omikron belastet kaum

Die Nachfrage seitens der Passagiere sei da, meint Adel Al Redha, der Chief Operating Officer von Emirates. Der Golf-Carrier hat seinen Nettoverlust in der ersten Hälfte seines versetzten Geschäftsjahres mit umgerechnet 1,6 Mrd. Dollar im Vergleich zur Vorjahreszeit mehr als halbiert. Omikron werde die Erholung verlangsamen, habe jedoch die Nachfrage jetzt während der Wintersaison nicht gedrückt, erklärt Emirates-Chef Tim Clark. Nach den ersten Meldungen über die neue Variante hatte er zunächst vor möglichen großen Schocks für die Branche gewarnt.

„Wir waren besonders in Bezug auf die Buchungen in Europa und Großbritannien besorgt, doch bisher haben sie ziemlich gut standgehalten“, sagte er jetzt der BBC. Wie viele Konkurrenten hat Emirates Flüge ins südliche Afrika ausgesetzt und andere Verbindungen gestoppt, weil Länder wie Marokko und Japan ihre Grenzen geschlossen haben. Das hat die Airline jedoch dank der starken Nachfrage und zusätzlicher Flüge auf anderen Routen wieder ausgeglichen, etwa nach Australien und in Teile Europas. Bisher seien die Auswirkungen auf das Geschäft nicht so schlimm, wie Emirates anfangs befürchtet habe, erklärt Clark.

Etihad-Chef Tony Douglas äußert sich ähnlich. Er glaubt, dass die Auswirkungen von Omikron auf die Airline-Industrie weniger stark als die von Delta sein werden. Denn die Leute seien begierig, wieder zu reisen, um Urlaub zu machen, Freunde und Familie zu besuchen. Davon dürften die in Dubai operierenden Fluggesellschaften profitieren, denn die Golf-Metropole lockt nicht nur we­gen der Expo viele Besucher an. „Es gibt derzeit nicht viele Städte in der Welt, in die Leute einfach gelangen können und wo sie sich wie in Dubai oder den Vereinigten Arabischen Emiraten frei bewegen können“, sagt Clark.