KommentarIndustrie

Die Reform muss auch von Innen kommen

Industriegüter „Made in Germany“ verlieren international an Wettbewerbsfähigkeit. Das zu ändern ist aber nicht allein Aufgabe der Politik. Auch die Unternehmen müssen ihre Hausaufgaben machen – und sich neuen Technologien noch stärker öffnen.

Die Reform muss auch von Innen kommen

Industrie

Reformwille
sieht anders aus

Von Karolin Rothbart

Deutschlands Bild als industrielles Schwergewicht bekommt immer mehr Risse. Zum vierten Mal in Folge dürfte die hiesige Produktion im laufenden Jahr zurückgehen, wie der Bundesverband der Industrie (BDI) am Montag auf der Hannover Messe mitgeteilt hat. Die Stimmung sei so schlecht wie lange nicht, die Unternehmen blickten überwiegend pessimistisch auf die nächsten Monate.

Wachstum findet woanders statt

Dabei wird nach der Corona-Pandemie durchaus wieder investiert: Die weltweite Industrieproduktion stieg 2024 um fast 2% und dürfte in diesem Jahr noch etwas stärker zulegen. Das Wachstum findet allerdings woanders statt – hauptsächlich in den Schwellenländern. China konnte seine industrielle Wertschöpfung im vergangenen Jahr etwa um fast 6% steigern. Schwellenländer aus Zentral- und Osteuropa brachten es auf ein Plus von knapp 5%.

Der globale wirtschaftliche Expansionskurs geht also schlicht an Deutschland vorbei, „Made in Germany“ ist nicht mehr überall gefragt. Denn für viele Kunden sind die Produkte aus der Bundesrepublik einfach zu teuer, die preisliche Wettbewerbsfähigkeit ist oft nicht mehr gegeben.

Industriegüter „Made in Germany“ verlieren international an Wettbewerbsfähigkeit. Das zu ändern, ist nicht allein Aufgabe der Politik.

Gründe hierfür gibt es viele und nicht alle davon liegen komplett außerhalb des Einflussbereichs der Wirtschaft. Denn neben den vergleichsweise hohen Unternehmenssteuern sowie den hohen Energie- und Arbeitskosten erweist sich beispielsweise auch die Zurückhaltung vieler Firmen beim Einsatz neuer Technologien oft noch als Bremsklotz für mehr Effizienz.

Wenig KI-Einsatz

So hat eine Studie vom Maschinenbauverband VDMA und von der Strategieberatung Strategy& gerade ergeben, dass von 247 befragten Industrieunternehmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zurzeit gerade mal 7% systematisch mit generativer künstlicher Intelligenz arbeiten. Das ist zu wenig angesichts des massiven Einflusses, den die Technologie auf die Profitabilität der Firmen hat: Der Studie zufolge kann der zielgerichtete Einsatz die operative Marge im Maschinenbau um bis zu 10,7 Prozentpunkte erhöhen. Das entspräche zusätzlichen Gewinnen von 28 Mrd. Euro pro Jahr.

Die Firmen sind sich der Möglichkeiten durchaus bewusst: Neun von zehn Unternehmen wollen deswegen in diesem Jahr in die Technologie investieren – mehr als die Hälfte allerdings weniger als 100.000 Euro. Auch das ist, je nach Unternehmensgröße, viel zu wenig. Echter Reformwille – so wie ihn die Branche stets von der Politik fordert – sieht anders aus.

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