Ein Balanceakt für die Siemens-Familie
Healthineers
Balanceakt für
Siemens-Familie
Von Michael Flämig
Ralf Thomas musste in der Hauptversammlung (HV) von Siemens Healthineers einen Spagat leisten. Einerseits ist er der Aufsichtsratsvorsitzende des Medizintechnikanbieters, der zu 75% im Besitz von Siemens ist. Andererseits agiert er im Hauptberuf als Finanzvorstand von Siemens. Diese Rolle führt dazu, dass er ein Konzept miterstellt, ob und wie der Konzern seinen Healthineers-Anteil stark verringert. Dies aber interessiert die Healthineers-Aktionäre brennend, die mit dem Aktienkurs unzufrieden sind. Als HV-Leiter konnte Thomas aber dazu nichts sagen.
Kaum Synergien zu Healthineers
Die Hauptversammlung brachte denn auch keine neuen Erkenntnisse. Auf breiter Front aber hatte sich schon zuvor die Meinung durchgesetzt, dass die Siemens AG und die Siemens Healthineers AG getrennte Wege gehen sollten. Die Logik hierfür ist nicht von der Hand zu weisen. Synergien zwischen Fabrikautomatisierung und Medizintechnik hat es noch nie in relevantem Maß gegeben. Mit der Fokussierung der Siemens AG auf hochspezialisierte Software & Co. und den Healthineers-Zukäufen wird das Band zwischen beiden Unternehmen noch lockerer.
Aber: Es wird ein Kraftakt. Dies gilt für Siemens. Schließlich hat die Medizintechnik den volatilen Zyklus des Automatisierungsgeschäfts gedämpft und damit den Konzern in schlechten Zeiten stabilisiert. Wie dies in Zukunft gelingen kann, ist offen. Aber auch Healthineers muss die Unabhängigkeit lernen. Sieben Jahren nach der Börsennotierung steht die Firma zwar sicher auf den eigenen Füßen. Aber es gibt Hilfestellungen der Mutter, nicht zuletzt in der Finanzierung.
Siemens braucht strategisches Konzept
Sollte Siemens tatsächlich in Richtung eines Anteils von 50% gehen, muss dies in ein strategisches Konzept eingebunden sein. Wofür wird das Geld verwendet? Welche neue Perspektiven eröffnen sich auf diese Weise? Aber auch die Technik einer Abschmelzung hat es in sich, schließlich geht es um ein Multi-Milliarden-Volumen.
Investoren fordern die völlige Trennung beider Firmen schon lange. Ihr Wunsch ist verständlich, weil sie eng zugeschnittene Anlagemöglichkeiten bevorzugen. Es wird sich weisen, ob die Siemens-Unternehmen die Volatilitäten aushalten können.