Frankfurt

Ein Fall für den Eurologen

Das Euro-Bargeld wird in zwei Wochen 20. Die Bundesbank rührt derzeit wieder die Werbetrommel für die zunächst als „Teuro“ verschriene Währung. Wim Duisenberg war da bei der Einführung zurückhaltender.

Ein Fall für den Eurologen

Das Euro-Bargeld feiert in zwei Wochen 20. Geburtstag. Wobei: „Feiern“ ist wohl das falsche Wort. Einer aktuellen Eurobarometer-Umfrage zufolge hält immerhin noch jeder Vierte hierzulande den Euro „für eine schlechte Sache für Deutschland“ – autsch! Was Wunder also, dass die Bundesbank gerade eine „Informationskampagne“ (vulgo: Werbekampagne) startet – mit Wanderausstellung, Debatten und Jubiläumsfeier.

Die Frage, warum die Deutschen früher ein so inniges Verhältnis zur D-Mark hatten und warum sie den „Teuro“ so argwöhnisch begrüßten, können Ökonomen allein wohl kaum beantworten. Das ist eher ein Fall für Soziologen, Psychologen und – weil es die Nerven betrifft – Neurologen. Nun, zumindest auf die Frage, warum die EZB am 31.12.2001 um 24 Uhr keine Po­wer-Party veranstaltete, gibt es eine klare Antwort. Die heißt Wim Duisenberg. Sein Presseteam wollte ihn nämlich durchaus zur großen Geste um Mitternacht überreden – er sollte medienwirksam am Geldautomaten in der Frankfurter City die neuen Scheine ziehen und danach eine große Rede auf den Euro halten. Aber der bärbeißige Niederländer mit dem schlohweißen Haar wehrte sich gegen den Marketing-Gig. Er wolle schließlich nicht Hunderten Finanzjournalisten, die dann Glock zwölf hätten antanzen müssen, die Silvesternacht verderben. Im Namen der Kollegen: Das war eine wahrlich große Geste!

Duisenberg ließ sich lediglich dazu breitschlagen, am Vormittag des 31. Dezember 2001 – also viele Stunden vor der Partytime – eine kurze Pressekonferenz zu geben. Und auch dabei bewies der Friese seine für seine Landsmannschaft so typische Abneigung gegen jeden Public-Relations-Schnickschnack. Als sich ein bauernschlauer TV-Reporter während der Pressekonferenz ein paar nichtssagende Worte auf niederländisch als „Atmo“ für die heimischen Abendnachrichten abholen wollte, ließ ihn Duisenberg auflaufen. Auf die Frage, ob er kurz vor dem Euro-Bargeldstart nervös sei, verneinte er zunächst in Richtung Kamera: „Nee, ik ben niet nerveus.“ Um sich im gleichen Moment an die internationale Presse zu wenden und zu sagen, dass er natürlich wahnsinnig nervös sei, aber das wolle er seinen Landsleuten natürlich nicht verraten.

Für die Sorge, es könne bei der Umstellung etwas schieflaufen, gab es durchaus Gründe. Schließlich waren im Vorfeld einige Missgeschicke passiert. Etwa, dass man lange Zeit glaubte, die neue Währung den europäischen Franken nennen zu können, bis die Spanier rebellierten, weil sie dann mit Franco zahlen hätten müssen. Oder dass Guadeloupe und Martinique auf der Landkarte auf den Banknoten zu erkennen waren, aber Zypern fehlte.

Ein besonders heftiger Vorwurf, der damals der EZB gemacht wurde, verdient an dieser Stelle noch einmal ausdrückliche Klarstellung. In britischen Medien war berichtet worden, die Euro-Scheine seien krebserregend. Es ist, wie die EU-Kommission­ erklärte, zwar richtig, dass das Euro-Geld karzinogen ist. Allerdings nur, wenn man über Monate hinweg täglich Dutzende Euro-Scheine verspeist.