Ein Königsmacher mit Makel
Notiert in Tokio
Von Martin Fritz
Ein Königsmacher mit Makel
Die hohen Verluste der Liberaldemokratischen Partei bei der Parlamentswahl in Japan haben Yuichiro Tamaki vom Chef einer Splitterpartei in einen Königsmacher verwandelt. Denn bei der Wahl vervierfachte seine „Demokratische Partei für das Volk“ (DPP) die Zahl ihrer Abgeordneten auf 28. Damit besitzt Tamakis DPP genügend Gewicht, um der Minderheitsregierung von Shigeru Ishiba zu einer soliden Mehrheit im Parlament zu verhelfen.
Wahlerfolg mit Steuerversprechen
In ihrem Wahlkampf sprach die DPP jüngere Wähler und die untere Mittelschicht an, indem sie die Anhebung des steuerfreien Grundeinkommens forderte. Bisher liegt dieser Betrag bei rund 1 Mill. Yen, Tamaki verlangt eine Erhöhung um 80% auf knapp 1,8 Mill. Yen (11.000 Euro). Das würde die Reallöhne steigern und Arbeitsanreize schaffen. Viele Jobber bleiben absichtlich unter der niedrigen Schwelle, obwohl Japan dringend Arbeitskräfte braucht.
Um seinen politischen Einfluss zu maximieren, spielt Tamaki ein riskantes Spiel. Er will Ishiba stützen, ohne seiner Koalition beizutreten. So stimmte die DPP bei der Wiederwahl von Ishiba zum Regierungschef weder für Ishiba noch für Oppositionschef Yoshihiro Noda, dadurch reichten Ishiba die Stimmen seiner Koalition. Mit solchen Schachzügen will Tamaki jeweils solange im Rampenlicht bleiben, bis ein Kompromiss zu seinen Gunsten gefunden ist. Tamaki denkt auch an die Oberhauswahl im Sommer 2025: Eine zu große Nähe zur unpopulären LDP würde seiner Partei eher schaden als nutzen.
Steile Karriere, gutes Aussehen
Der heute 55-Jährige gilt als fleißig und hochintelligent. Er bestand die schwierige Aufnahmeprüfung für ein Jura-Studium an der Universität Tokio, obwohl er aus einer ländlichen Region kommt und seine Eltern als Bauern arbeiteten. Als Karrierebeamter im Finanzministerium absolvierte er einen Master für öffentliche Verwaltung an der Kennedy School of Government.
Doch Fleiß, Intelligenz und in seinem Fall auch noch gutes Aussehen schützen vor Torheit nicht. Denn Tamaki ließ sich beim Fremdgehen ertappen. Ausgerechnet am Tag der Wiederwahl von Ishiba, bei der Tamaki als Königsmacher im Mittelpunkt stand, veröffentlichte eine Illustrierte eindeutige Beweise für eine außereheliche Affäre. Die Bilder zeigten ein 39-jähriges früheres Fotomodell und Tamaki, wie sie in dasselbe Hotel eincheckten und es wieder verließen.
Ehefrau übt strengte Kritik
Eilig entschuldigte sich Tamaki für den Fehltritt, der in Japans mit Moral aufgeladener Politik besonders schwer wiegt. Er habe seiner Familie alles erzählt, berichtete Tamaki. Seine Frau hätte ihn eindringlich gefragt, wie er denn das Land schützen wolle, wenn er nicht einmal die ihm an nächsten stehenden Personen beschützen könne. „Ich werde mein Bestes tun, um so weit wie möglich im nationalen Interesse zu handeln und politische Maßnahmen umzusetzen, genau wie meine Frau es mir gesagt hat“, versprach Tamaki und lehnte den Rücktritt als Parteichef ab. Aber als Königsmacher erlitt er einen charakterlichen Makel, der seinen Einfluss schmälern dürfte.