Volkswagen zieht endlich einen Schlussstrich
Volkswagen
Endlich ein Schlussstrich
Von Carsten Steevens
So unverzichtbar China für VW ist, so überfällig ist nun der Rückzug aus der Uiguren-Region.
Kaum hat der designierte US-Präsident Donald Trump Befürchtungen zunehmender Handelskonflikte verstärkt und zusätzliche Importzölle angekündigt, die auch die deutsche Autoindustrie empfindlich treffen dürften, bekennt sich der Volkswagen-Konzern mit der Verlängerung eines Joint-Venture-Vertrags zu seinem Auftritt in China. Die Kooperation mit SAIC Motor hat Europas größter Fahrzeugbauer nun im 40. Jahr der Zusammenarbeit um zehn Jahre bis 2040 verlängert. Angesichts zunehmender geopolitischer Spannungen ist das ein Signal. Es verdeutlicht aber aufs Neue auch, wie abhängig die nicht zuletzt in China mit zu hohen Kosten kämpfenden Wolfsburger vom Geschäft im weltgrößten Automarkt sind.
Zwar schrumpfte der Anteil Chinas an den weltweiten Fahrzeugauslieferungen des Konzerns über alle Antriebsarten hinweg in den ersten neun Monaten dieses Jahres weiter auf rund 32%. China bleibt damit aber hinter Westeuropa mit rund 37% und deutlich vor Nordamerika mit weniger als 12% die wichtigste Region. Auf das Geschäft im nach wie vor finanziell lukrativen Verbrennersegment und in einem Elektroautomarkt, der wie der chinesische enorme Wachstumsaussichten bietet, will und kann VW mit Blick auf Zukunftsinvestitionen nicht verzichten.
Lokale Konkurrenz enteilt
Das anteilige operative Ergebnis, das Joint Ventures wie SAIC Volkswagen liefern, ist binnen einer Dekade allerdings um rund 70% auf voraussichtlich 1,6 Mrd. Euro in diesem Jahr geschrumpft. VW hat den rasanten Hochlauf der Elektromobilität in China massiv unterschätzt. Lokale Konkurrenten wie BYD sind enteilt. Wann es dem langjährigen Marktführer bei Verbrennerfahrzeugen gelingen wird, mit Stromern aus der Nische zu kommen, ist offen. Zunächst einmal müsste VW attraktive Modelle bieten und im Kompaktsegment auf Kostenparität zum Wettbewerb kommen.
Auf Erfolge der Wolfsburger im chinesischen Elektromarkt werden Anleger noch länger warten müssen. Daran ändert auch der jetzt vom Konzern nur beiläufig vermeldete Verkauf des in der Produktion unbedeutenden Joint Venture-Werks Urumqi nichts, der sich bei sinkender Nachfrage nach Verbrennerfahrzeugen mit wirtschaftlichen Gründen erklären lässt. Der Rückzug aus der Uiguren-Region Xinjiang ist aber mehr als nur eine Randnotiz. Jahrelang sah sich VW Vorwürfen ausgesetzt, der Konzern missachte mit seiner Präsenz Menschenrechtsverletzungen durch den chinesischen Staat. Der Indexanbieter MSCI veröffentlichte eine Warnung bezüglich des ESG-Ratings von VW. Jetzt hat der Konzern endlich einen Schlussstrich gezogen.