Frankfurt

Endlich wieder Staus!

Frankfurt findet wieder zur Normalität zurück. Die Trams sind wieder proppenvoll, der Verkehrsfunk meldet wieder Staus. Und in Sachsenhausen prüfen wieder Touristen aus aller Welt die Geduld der Kellner, indem sie sich Solber und Schäufelchen erklären lassen oder zum Handkäs eine Gabel nachbestellen.

Endlich wieder Staus!

Na, endlich! Nach knapp zwei Jahren des pandemischen Ausnahmezustands kehrt Frankfurt wieder zur Normalität zurück. Endlich ist die Überquerung des Opernplatzes wieder ein Hindernislauf, weil dort flächendeckend junge Paare den Weg blockieren, um sich vor edler Kulisse fotografieren zu lassen. Endlich meldet der Verkehrsfunk wieder regelmäßig Staus auf der A66 und der A661. Und nicht zu­letzt dank des 9-Euro-Tickets sind endlich wieder Trams und U-Bahnen so proppenvoll, dass man sich nicht mehr festhalten muss, weil man ohnehin nicht umkippen kann.

In der Kleinmarkthalle sind wieder die ersten Touristen aus Übersee zu sichten, wo sie sich – weil es wohl in Touristenführern so empfohlen ist – am Thekenfenster bei Frau Schreiber heiße Fleischwurst und saure Gurke bestellen. Selbst in Sachsenhausen sitzt man in den Schenken wieder spürbar dichter – und wird daher auch wieder häufiger Zeuge der Nachbargespräche. Vor diesem Hintergrund scheint es angebracht, noch einmal auf fünf zentrale Punkte aufmerksam zu machen, die beim Besuch im Apfelweinlokal hilfreich sind.

Erstens: Bembel, zumal gefüllt, haben durchaus Gewicht. Sitzend über den Tisch zu greifen und die Rautengläser aus einem Zwölfer-Bembel, den man im schlechtesten Falle noch am Griff packt, füllen zu wollen, geht regelmäßig schief. Idealerweise steht man dazu auf und stabilisiert den Bembel bäuchlings. Die Tischnachbarn, die dann nicht nass werden, danken es.

Zweitens: Wer glaubt, den Kellner aufmerksam machen zu müssen, er habe vergessen, beim Handkäs die Gabel zu servieren, blamiert sich ähnlich wie der, der in Italien einen Löffel zur Pasta bestellt.

Drittens: Nichts verstimmt Kellner und andere Gäste so sehr wie die dezidierte Nachfrage nach allen möglichen Einzelgerichten. Hand aufs Herz, beim Italiener würde man ja auch keine längliche Befragung starten, was genau sich hinter Lasagne, Scaloppina oder Vitello Tonnato verbirgt. Deshalb – und um die ärgsten Nachfragen zu vermeiden: Solber ist gepökeltes, in Salzlake eingelegtes Fleisch und Schäufelchen ist geschmorte Schweineschulter.

Viertens: Wer statt eines „Spritzers“ oder eines „Gespritzten“ einen „Sauergespritzten“ ordert, erntet zu Recht ein Stirnrunzeln – insinuiert die Bestellung doch, der Gast gehe davon aus, dass im Lokal auch in Brause ertränkte „Süßgespritzte“ ausgeschenkt werden – was freilich in Sachsenhausen als Verbrechen gegen den Apfelwein gilt. Ohnehin: Falls man ein Apfelweinlokal betritt, das auf seinen Aushängetafeln auch für Chardonnay oder Gewürztraminer wirbt, sollte man rasch Reißaus nehmen. Schließlich halten es viele in Sachsenhausen für eine Barbarei, Wein aus Trauben pressen zu wollen.

Fünftens schließlich: Falls Sie nicht von hier sind, widerstehen Sie der Versuchung, den Kellner da­durch für sich einnehmen zu wollen, dass Sie ihn auf bemühtem Hessisch ansprechen. Noch so viele „Gude“ und „gell“ reichen nicht, denn jeder Einheimische wird Sie sofort als ortsfremd identifizieren, sofern Sie nicht unter der in Frankfurt üblischen Sch/ch-Chwähe leiden.