„Freunde bleiben Freunde“
„Freunde bleiben Freunde“
Donald Trump verhilft Argentinien zu neuem Kredit
trotz interner Widerstände im IWF-Direktorium
Von Andreas Fink, Buenos Aires
Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat keinen problematischeren Kunden als Argentinien. 22 Kreditprogramme scheiterten bereits, kürzlich wurde Nummer 23 unterschrieben. Er sichert dem Land, das bereits 40 Mrd. Dollar Außenstände hat, weitere 20 Mrd. Dollar zu.
Für Argentiniens Regierung ist die am 11. April verkündete Entscheidung des IWF-Kontrollgremiums eine enorme Hilfe, die noch flankiert wurde von der Weltbank und der Interamerikanischen Entwicklungsbank, die 12 bzw. 10 Mrd. Dollar Kredit gewährten. Das Geld soll vordringlich die Währungsreserven stärken, nachdem die Notenbank ihr Notfallkonto deutlich überzogen hatte. Zuletzt hatte die Zentralbank mehr als 5 Mrd. Dollar verkaufen müssen, um eine Abwertung zu vermeiden, welche die Inflation deutlich angetrieben hätte. Dabei ist die Reduktion der Teuerung das größte politische Kapital von Javier Milei vor den Halbzeitwahlen im Oktober. Dort muss Milei deutlich zulegen, denn bislang besetzt seine Partei nur 15% der Sitze im Kongress sowie sieben von 72 Senatorenposten. Im zweiten Halbjahr 2024 hatte das Land den Preisauftrieb deutlich reduzieren können, weil eine Steueramnestie etwa 20 Mrd. Dollar zusätzlich ins Finanzsystem brachte.

Der IWF hatte verlangt, dass Argentinien die seit 2019 geltenden Währungskontrollen aufhebt. Als die Vorgabe zum Aufbau neuer Reserven in die Medien kam, verstanden das viele Marktteilnehmer als Auftrag an die Zentralbank, die Stützungskäufe für den Peso einzustellen, die Argentiniens Währung nach Ansicht vieler namhafter Experten deutlich überbewertet haben. Der teure Peso – oder der niedrige Dollar – schmerzt argentinische Exporteure. Gleichzeitig befördert er Importe, zulasten der argentinischen Industrie, deren Produktion bereits im Vorjahr um 10% einbrach. Letztlich war die Abwertung deutlich niedriger als erwartet. Nach der Freigabe am 14. April zog der offizielle Peso-Kurs nur leicht an, aber gleichzeitig verloren die Parallelkurse deutlich.
Unvollkommene Liberalisierung
Dass es Mileis Regierung gelang, die Wechselkurse ohne größere Verwerfungen freizugeben, hat mehrere Gründe: Zum einen ist die Liberalisierung nicht komplett. Unternehmen bekommen freien Zugang zum Devisenmarkt erst ab dem Geschäftsjahr 2025. Die Milliarden Pesos, die Konzerne in den letzten sechs Jahren anhäuften und nicht als Dollar ins Ausland transferieren konnten, dürfen vorerst nicht getauscht werden. Ihre Besitzer bekommen dafür Bons in Dollar, die erst in den kommenden Jahren eingetauscht werden können. Zum Zweiten hat die Notenbank weiter die Möglichkeit, den Peso durch Verkäufe zu stützen, falls der Dollar-Wert 1.400 Pesos übersteigt. Andererseits muss sie Pesos für die Reserven kaufen, sollte der Wechselkurs unter 1.000 fallen. Nur innerhalb dieser Schwankungsbandbreite wird die Währung frei floaten. Und drittens bekam die Regierung ungewöhnlich viel Feuerkraft, denn der IWF willigte ein, dass 60% der gesamten Kreditsumme bereits „up front“ ausgezahlt werden, also sofort. Üblich sind bei derartigen Programmen nur 20 bis 30%. Damit will der IWF sicherstellen, dass die vereinbarten Reformschritte von den Kreditnehmern angewandt und umgesetzt werden. Argentiniens Regierung argumentierte, dass sie die vom IWF üblicherweise verlangten Maßnahmen bereits im Vorfeld übererfüllt habe: mit einer Senkung der Staatsausgaben um fast 30% im Vorjahr, der Reduktion der Inflation von über 200% p.a. auf derzeit etwa 60%. Sowie dem ersten Haushaltsüberschuss seit 2007, selbst wenn die Zinsverpflichtungen einberechnet werden.
Absolute Ergebenheit
Das beste Argument Argentiniens ist aber ein anderes: Mileis absolute Ergebenheit zu Donald Trump. Seit seinem Amtsantritt Ende 2023 hat Milei öffentlich seine Bewunderung für Trump erklärt, auch wenn dessen Zollpläne dem Credo des libertären Argentiniers widersprechen. Selbst als Trump Argentiniens Aluminiumhersteller Aluar 25% Zoll abverlangte, verzichtete Milei auf Protest und feierte die 10% Zollbelastung am „Liberation Day“ als Erfolg. „Friends will be friends“ schrieb er auf „X“.
So sah das auch Trump und sorgte dafür, dass sein Finanzminister Scott Bessent im IWF Argentiniens Forderung nach weiteren 20 Mrd. Dollar sowie die Auszahlung „up front“ durchsetzte. Bloomberg berichtete, dass es im IWF-Kontrollrat dagegen heftigen Widerstand gab, man aber dem US-Willen letztlich entsprach, damit der seit langem unzufriedene Trump nicht den IWF verlasse. Das scheint gelungen, denn Bessent bestätigte vorige Woche den Verbleib der USA im IWF. Und Trumps Finanzminister, der am 14. April einen viel beachteten Blitzbesuch in Buenos Aires absolvierte, um am ersten Tag ohne Währungskontrollen Flagge zu zeigen, versicherte vorige Woche zudem, dass er Argentinien einen Sofortkredit aus dem US-Haushalt geben könne, falls das Land wegen externer Faktoren erneut in Turbulenzen geraten sollte. Ein deutlicherer Vertrauensbeweis ist schwer möglich.
Wegen dieser neuen Einigkeit zwischen der Casa Rosada und dem Weißen Haus glauben auch viele, dass Milei trotz der IWF-Vorgaben freie Hand bekommt, den Peso weiter zu stützen. Den darob empörten Agrariern drohte Milei höhere Exportabgaben ab Juni an, damit diese ihre nun eingebrachte Ernte schnell auf die Märkte geben und das Finanzsystem mit Devisen stärken. Und Caputos Beamte empfahlen den Farmern, schnell zu verkaufen und ihre Erlöse in den Carry Trade zu stecken, denn der werde deutlich rentabler sein als das Horten von Körnern in Silos. Vor allem erwartet Milei nach dem Wegfall der Devisenbeschränkungen einen massiven Wachstumsschub für die gesamte Wirtschaft. Einige Medien berichten, dass Milei intern bereits von 10% Zunahme in diesem Jahr spreche. Sollte es auch nur annähernd dazu kommen, ist, auch wegen der Zersplitterung der Opposition, ein deutlicher Wahlsieg im Oktober zu erwarten.