Friedliches Miteinander trotz aller Gegensätze
Die Menschheit kann man in allerlei Gegensatzpaare aufspalten: Männlein und Weiblein, Alt und Jung, Klein und Groß – oder in Stadtmenschen und Landmenschen. Letztere Paarung lässt sich auch im Rhein-Main-Gebiet immer wieder schön beobachten. Per se ist es völlig in Ordnung, wenn jemand die städtischen Vorzüge nicht missen möchte. Bankfurt hat ja in der Tat mehr zu bieten als Hochhäuser: Museen, Theater, Konzerte und vieles andere mehr. Genauso ist es aber o.k., wenn jemand lieber vor den Toren der Stadt domiziliert. Und dort die Natur und die ländliche Idylle genießt. Schwierig wird es allerdings immer dann, wenn beide Spezies frontal aufeinandertreffen.
So ist es wenig idyllisch, was sich vor allem in den Sommermonaten und insbesondere in den gerade in Hessen beginnenden Ferien im Umland der Metropole abspielt. Der Dorfbewohner hat es nicht nur aus Umweltschutzgründen schon lange aufgegeben, Sack und Pack ins Auto zu verfrachten und mal eben an den See oder an den Fuße der örtlichen Hügelkette zu fahren. Denn die Autokennzeichen am Parkplatz lassen eher vermuten, dass man sich in Frankfurt oder Offenbach befindet. Wobei natürlich nicht Kennzeichen und Herkunft von Gefährt und Insasse das Problem sind, sondern eher die etwas – nun ja, zumindest fragwürdige Parkweise einiger Besucher. Auf dem Land mag zwar mehr Platz als in der Stadt sein, die Parkmöglichkeiten sind aber dennoch insgesamt gesehen meist überschaubar. Zudem sind Bollerwagenpiloten und vollbepackte Radler auf dem Weg zum kühlen Nass ebenfalls dankbar über zumindest einen schmalen Fahrstreifen auf dem zugeparkten Radweg.
Ebenso unangenehm wie im Tal kann es leider auch am Berg werden. So ein Forstweg heißt mitnichten Weg, weil man darauf anderen im Weg stehen soll. Im Gegenteil, man sollte anderen tunlichst aus demselben gehen. Diskussionen, ob man nun den nächsten Part des Trails mit seinem funkelnden Bike angeht oder wie man die beste Figur bei all den Steilabfahrten, Kurven, Kickern und Obstacles macht, lassen sich selbst im breitesten Frankfurter Dialekt auch am Wegesrand führen. Dann können nämlich all die anderen Biker unverdrossen in ihrem Tempo nach oben schnaufen oder bergab sausen. Gegrüßt werden darf bei ausreichendem Atem übrigens immer, egal in welchem Idiom. Und auch wenn es verlockend ist, möglichst oben am Berg bei der Wirtschaft zu parken: Dies sollte Familien mit kleinen Kindern oder nicht mehr ganz so fitten Großeltern vorbehalten sein, die dort dann auch etwas konsumieren, statt sich über den Inhalt des mitgebrachten Rucksacks herzumachen.
Liebe Großstädter: Ihr seid im Umland herzlich willkommen. Dann aber bitte ohne den Spott im Winter und bei schlechtem Wetter über all die Pendler, die lieber im Grünen wohnen und daher Uhr und Fahrplan von Bus und Bahn zu Büroschluss fest im Blick haben. Im Gegenzug spottet der Landbewohner auch nicht über all die Großstädter, die bei schönem Wetter mit aller Macht Berge und Seen des Umlands kapern.
(Börsen-Zeitung,