Governance-Probleme
Die personelle Neuaufstellung, über die Deutz am Samstagabend zur besten Fernsehsendezeit um 20.15 Uhr unterrichtete, hat hohe Wellen geschlagen. Die im SDax notierte Aktie brach am Montag in der Spitze um mehr als 13 % ein. Die leidgeprüften Investoren des in der Transformation steckenden Motorenbauers haben es jetzt nämlich zusätzlich mit einem handfesten Governance-Problem zu tun.
Doch was auf den ersten Blick wie ein Komplettversagen des Aufsichtsrats unter Führung von Bernd Bohr aussieht – dem eine gerichtliche Auseinandersetzung mit dem geschassten Vorstandschef folgen könnte –, lässt bei genauerer Betrachtung auf Intrigen und Schlimmeres schließen. Vordergründig hat der Aufsichtsrat das zweite Führungspositionen-Gesetz (FüPoG), das im vorigen Sommer in Kraft trat, schlicht ignoriert und sich damit selbst in die Bredouille gebracht. Denn mit der im Frühjahr 2021 vollzogenen Erweiterung des Führungsgremiums auf vier Köpfe muss nach dem neuen Gesetz künftig mindestens eine Frau dem Vorstand angehören. Stattdessen ging das neu geschaffene Vorstandsressort an einen Mann.
Allerdings wird das Gesetz erst im August dieses Jahres wirksam und betrifft dann auch nur Neubestellungen. Im Klartext: Kurzfristig gab es für den Aufsichtsrat in der Causa überhaupt keinen Handlungsbedarf – unabhängig davon, dass Investoren ein vorausschauendes Agieren bei solchen Themen gerne sehen.
Unbeantwortet bleibt natürlich die Frage, was den Aufsichtsrat zur sofortigen Abberufung von Vorstandschef Frank Hiller bewogen hat – wohlgemerkt einstimmig. Darüber gibt und kann es auch zwei Tage nach der Abberufung keine befriedigende Antwort geben, darf mit Blick auf einen etwaigen Arbeitsrechtsprozess doch nicht aus dem Nähkästchen geplaudert werden.
Doch ebenso kritisch wie die Abberufung des Vorstandschefs zu bewerten ist, muss auch das Verhalten von Aufsichtsratschef Bohr hinterfragt werden. Zwar hat dieser den Vorsitz im Kontrollgremium ebenfalls niedergelegt, sein Aufsichtsratsmandat wird er Stand heute jedoch behalten. Von „professioneller und umsichtiger Zusammenarbeit“, die seine Aufsichtsratskollegen schätzen, ist in diesem Kontext die Rede.
Es mag sein, dass sich Bohr im Zusammenhang mit den jüngsten Personalquerelen und deren Publikwerden nichts vorzuwerfen hat. Dann allerdings bleibt die Frage, warum Hillers Vertrag im Februar 2021 um fünf Jahre verlängert wurde. Um weiteren Schaden vom Unternehmen abzuwenden, sollte aber auch im Aufsichtsrat zügig ein klarer Schnitt folgen.