Leasinggeschäft

Grenke fasst zwei Jahre nach Perrings Attacke wieder Tritt

Das Leasingunternehmen in Baden-Baden zollte den Vorwürfen des Shortsellers Fraser Perring von Beginn an Tribut. Mittlerweile erholte sich Grenke weitgehend, wenn auch nicht vollständig.

Grenke fasst zwei Jahre nach Perrings Attacke wieder Tritt

Von Thomas Spengler, Stuttgart

Der Angriff erfolgte in aller Früh. Ob „an der Sache“ etwas dran sei, wollte am Morgen des 14. September 2020 ein Analyst von dem ahnungslosen Firmengründer Wolfgang Grenke wissen. Gemeint war die Shortseller-Attacke des Briten Fraser Perring, der zusammen mit seinem Analystenteam Viceroy Research von den USA aus den Leasingspezialisten mit massiven Vorwürfen überzog, die von Bilanzmanipulation über Betrug bis zu Geldwäsche reichten. Noch am selben Tag schmierte die Grenke-Aktie um mehr als die Hälfte ab – ein Schlag, von der sie sich bis heute nicht erholt hat. Für das damalige MDax-Unternehmen folgte die größte Krise seiner Geschichte, in deren Verlauf Grenke in einem zähen Prozess die Vorwürfe Schritt für Schritt abarbeiten sollte.

Tatsächlich zollte das Leasingunternehmen in Baden-Baden der Attacke von Perring von Beginn an Tribut. Eine unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft wurde beauftragt, um die Integration des Franchisesystems unter die Lupe zu nehmen, bis Wolfgang Grenke sein Mandat als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender ruhen ließ und später zur Verfügung stellte. Daneben sollten die Wirtschaftsprüfer von KPMG ein Sondergutachten erstellen, um die Substanz des Geschäfts zu belegen. Sehr rasch deutete sich an, dass der Vorstand die übliche, von Perring als undurchsichtig kritisierte Praxis, neu gegründete Franchisefirmen zunächst über externe Geldgeber zwischenzufinanzieren, beenden würde. Wo Perring Rauch sah, war eben auch Feuer. Einen frühen, ersten Punkt gegen Perring aber machte Grenke durch den Nachweis von liquiden Mitteln in nahezu Milliardenhöhe auf einem Bundesbank-Konto.

In der Folge krempelte der Aufsichtsratsvorsitzende Ernst-Moritz Lipp bisweilen etwas ungeschickt, aber konsequent die Führungsspitze von Grenke kräftig um. Der ehemalige Dresdner-Bank-Vorstand ersetzte Mark Kindermann durch die Wirtschaftsprüferin Isabel Rösler, die seitdem als Chief Risk Officer (CRO) Risikocontrolling, Compliance und Geldwäscheprävention verantwortet. Zuvor hatten die beiden von Grenke beauftragten Gutachter Kritik an der Compliance-Organisation und der internen Revision geübt, die der alte Fahrensmann des Firmengründers, Kindermann, zu verantworten hatte. Wieder hatten sich Vorwürfe von Perring bestätigt.

Etwas überraschender erfolgte dann die frühzeitige Demission von Vorstandschefin Antje Leminsky, die Bankanalysten der alten Garde zurechneten. Gleichzeitig zog Lipp mit dem ehemaligen BayernLB-Vorstand Michael Bücker zum August 2021 einen Nachfolger für den Chefsessel aus dem Ärmel, der auch Erfahrungen im Leasinggeschäft mitbrachte. Ergänzt wird der CEO durch Finanzchef Sebastian Hirsch, der seit November 2021 stellvertretender Vorstandschef ist. Nach fast anderthalb Jahren im Ausnahmezustand konnte man bei Grenke im Februar endlich aufatmen, als die BaFin eine Sonderprüfung beendete. Auf ihrer Mängelliste standen eine nicht ordnungsgemäße Geschäftsorganisation oder Fehler in der Geldwäscheprävention, woraufhin Grenke und ihrer Banktochter höhere Kapitalpuffer verpasst wurden. Sobald die monierten Knackpunkte aber beseitigt sind, ist davon auszugehen, dass die BaFin die verordneten Kapitalpuffer wieder aufheben wird.

Nicht von ungefähr beschreibt Bücker 2022 als „ein Jahr des Aufbruchs“. Mit jeder Quartalsetappe, die der Leasingspezialist mit seinem Führungsduo Bücker/Hirsch seither erreicht, geht’s zurück in die Normalität. Ohnehin hat der CEO von Anfang an über den Tag hinausgedacht und eine ehrgeizige Langfriststrategie entwickelt, die die „Resilienz des Geschäftsmodells von Grenke“, wie er selbst gerne sagt, weiter erhöht. Bis 2024 will der Vorstand sowohl sein Neugeschäft als auch seinen Nachsteuergewinn im Vergleich zu 2021 verdoppeln. Diese Ziele sollen insbesondere durch eine be­schleunigte Skalierung des Ge­schäfts erreicht werden. Hinzu kommen der Ausbau des Dienstleistungsangebots sowie die Besinnung auf die historischen Stärken wie die Nähe zu Kunden und Fachhandel.

Kerngeschäft gilt als sexy

Für 2022 geht das Unternehmen – trotz der Risiken, die sich aus der Pandemie und dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ergeben – von einem Leasingneugeschäft zwischen 2,0 und 2,2 Mrd. Euro aus, nach 1,7 Mrd. Euro im Vorjahr. Das durch die Covid-19-Pandemie reduzierte Neugeschäftsvolumen wird die operativen Erträge im laufenden Jahr zwar mindern – zudem geht das Unternehmen von insgesamt leicht steigenden Kosten aus. Demgegenüber rechnet der Vorstand aber damit, dass sich die geringeren Aufwendungen für die Risikovorsorge infolge eines anhaltend guten Zahlungsverhaltens der Kunden positiv auswirken. Unterm Strich soll der Gewinn nach Steuern 2022 zwischen 75 und 85 Mill. Euro liegen – nach 72,2 Mill. Euro im Vorjahr. Insbesondere das schneller wachsende Leasingneugeschäft legt bereits die Grundlage für künftige Gewinne ab 2023. Ohnehin gilt Grenkes Kerngeschäft derzeit als sexy: KMUs schätzen den liquiditätsschonenden Mechanismus des Leasings.

Sollte das Unternehmen seine Ziele erreichen, würde es sein Niveau aus der Zeit von vor der Pandemie, aber eben auch von vor dem Auftauchen Perrings, übertreffen. Um die Shortseller-Attacke endgültig vergessen zu machen, bedarf es dann nur noch der finalen Entwirrung des undurchsichtigen Franchisesystems und der damit verbundenen Frage, wer davon profitiert hat. Wie CFO Hirsch verspricht, soll der Aufkauf von 14 verbliebenen Firmen, die indirekt vom Gründer gehalten werden und bereits nach IFRS konsolidiert sind, bis Jahresende über die Bühne gehen. Bleibt dann noch die Frage, inwieweit sich die Anleger von der Grenke-Strategie überzeugen lassen. Denn noch dümpelt der Kurs des SDax-Wertes mit um die 25 Euro unter dem Niveau, auf das er im unmittelbaren Anschluss an Perrings Vorwürfen gefallen war. Analysten sehen die Aktie meist deutlich darüber, zuletzt hat Berenberg ein Kursziel von 50 Euro für Grenke bestätigt.

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