Hausgemachte Krise
Uranmarkt
Hausgemachte Krise
Von Dieter Kuckelkorn
Der Preis für Uran hat 2023 und 2024 starke Anstiege verzeichnet. Nachdem er die vergangenen zehn Jahre teilweise deutlich unter der Marke von 50 Dollar je Pfund blieb, ist er auf dem US-Markt inzwischen auf rund 165 Dollar geklettert. Nun halten es viele Marktbeobachter für möglich, dass Rekordniveaus von 200 Dollar und darüber erreicht werden.
Grund dafür sind wieder einmal politische Markteingriffe. In Washington hat der Senat jetzt ein Importverbot für angereichertes Uran aus Russland beschlossen und das Weiße Haus hat signalisiert, dass es eine solche Maßnahme unterstützt. Zunächst einmal wird dies Probleme auf dem amerikanischen Markt mit sich bringen, weil die rund 90 kommerziell betriebenen Reaktoren von Atomkraftwerken in den USA zu 25% aus Russland beliefert werden – es handelt sich damit um den größten Lieferanten für die amerikanische Atomenergiebranche. Nun sieht der Gesetzentwurf zwar die Möglichkeit vor, dass die US-Regierung Ausnahmegenehmigungen erteilt. Aber selbst in diesem Fall dürfte der Preis mit Blick auf die zunehmenden politischen Unsicherheiten deutlich weiter steigen.
Europa und andere Weltregionen wären zunächst nur indirekt betroffen, die jüngste Vergangenheit hat jedoch gezeigt, dass in vielen Fällen amerikanischer Sanktionen gegen Russland US-Verbündete wie Großbritannien und die Europäische Union rasch nachziehen. Aber es könnte noch einmal schlimmer kommen: Tenex, das staatliche russische Exportunternehmen für Uran, hat bereits gewarnt, Russland könnte seinerseits als Gegensanktion die Ausfuhren des Kernbrennstoffs stoppen.
Sollte all das auch nur teilweise Realität werden, würde ein weiterer Energiemarkt von der Geopolitik heimgesucht und in die Krise getrieben. Dies wäre auch insofern tragisch, weil die Kernenergie im Rahmen der grünen Transition eine wichtige Brückentechnologie darstellt, da sie die (bislang) preisgünstige Erzeugung großer Energiemengen ohne CO2-Emissionen bietet. Damit droht auch die Energiewende ein Opfer des neuen Ost-West-Konflikts zu werden.