Hoffnungswerte
Werte schaffen durch ein aktives Portfoliomanagement ist das Mantra, das die Telekom unter Führung von Tim Höttges mit einer Reihe eindrucksvoller M&A-Transaktionen untermauert hat. Dabei ist es oft gelungen, angestaubtes Inventar zu Tafelsilber aufzumöbeln – Ausnahmen bestätigen die Regel, wie die EE-Transaktion gezeigt hat. Der Verkauf von T-MobileNL zum nahezu neunfachen operativen Ertrag ist sicher ein Glanzstück, auch im Hinblick auf das Timing, denn der ohnehin mörderische Wettbewerb in den Niederlanden dürfte sich künftig eher verschärfen.
Überdies hat die Telekom bei der Reallokation der Mittel mehr strategischen Ehrgeiz bewiesen als Wettbewerber, die Milliardenerlöse – beispielsweise aus dem Verkauf von Tower-Assets – großteils direkt in den Schuldenabbau fließen ließen. Davon zeigten sich auch deren Aktionäre ziemlich unbeeindruckt, wie sich am Vodafone-Kurs ablesen lässt, der nach dem Vantage-IPO ein Strohfeuer entfachte und inzwischen wieder zurückgekommen ist. Die Hoffnung, damit Werte in der Bilanz zu heben, um auch die eigene Bewertung an der Börse zu steigern, hat getrogen – wieder einmal.
Dies lässt auch die Entscheidung der Telekom, ihre nach Überzeugung vieler Experten unterbewertete Aktie als Währung einzusetzen, um der Mehrheitsschwelle bei ihrer wachstums- und ertragsstarken US-Tochter auf einen Schlag ein ganzes Stück näher zu kommen, in weniger trübem Licht erscheinen. Die Idee, der T-Aktie zunächst durch einen größeren bilanziellen Befreiungsschlag, wie den Verkauf der eigenen Funktürme, zu einem deutlichen Kurssprung zu verhelfen und sie dann später als höherwertige Akquisitionswährung einzusetzen, hat wenig Überzeugungskraft. Das lehrt bisher alle Erfahrung.
Dennoch bleibt es eine erkennbar gewaltige Aufgabe, den Wertzuwachs der US-Tochter seit Ankündigung des Mergers mit Sprint, der für den Telekomanteil allein 35 Mrd. Euro ausmacht, in den Börsenwert der T-Aktie zu übersetzen. Der ist seither nur um rund die Hälfte, nämlich 17 Mrd. Euro gestiegen. Der mit Softbank vereinbarte Premiumpreis von 20 Euro je Aktie für die neuen Titel der Telekom reflektiert die Bewertungslücke zumindest teilweise. Allerdings hat im Aufsichtsrat des Bonner Konzerns nun neben dem Bund ein weiterer Großaktionär Gewicht und Stimme. Es wird sich zeigen, ob der umtriebige japanische Technologieinvestor mehr bewirkt als der einst ebenfalls mit der Aussicht auf Kurspotenzial eingestiegene Finanzinvestor Blackstone.