KfW

Im Schock liegt die Chance

Der Stopp der KfW-Kredite für Energieeffizienz war ein heilsamer Schock. Über das richtige Maß der Hilfen kann nun neu nachgedacht werden.

Im Schock liegt die Chance

Kaum blieb das Geld aus, war die Aufregung groß! Die Wohnungswirtschaft erklärte prompt, dass mit dem Ausfall der KfW-Förderhilfen für Energieeffizienz nun nicht wie geplant 300000 Wohnungen gebaut oder saniert werden könnten. Bayerns Sparkassen sorgten sich um die Glaubwürdigkeit der Förderpolitik des Bundes. „Bild“ sprach von einer „Schock-Nachricht für Häuslebauer“. Die Unions-Fraktion im Bundestag nannte den Stopp „hochgradig rücksichtslos“. Der plötzliche Zusagestopp der Kredite und Zuschüsse am 24. Januar sei „kein politisches Glanzstück“ gewesen, wie auch Bundeswirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck (Grüne) einräumen musste. Ihm wird niemand widersprechen. Und doch könnte das zeitweilige Chaos heilsam sein.

Denn nachdem die neue Bundesregierung eilig noch Geld für bereits eingereichte, aber noch nicht bewilligte Anträge nachschob, kann sie nun das Programm auf neue Füße stellen. Erste Aussagen lassen hoffen: „Subventionen sind die Ultima Ratio der Wirtschaftspolitik“, sagt etwa Habeck. Der neue KfW-Chef Stefan Wintels stellt derweil einen stärkeren Fokus auf Wirkungsmessung in Aussicht. Das ist gut, denn die Hilfen waren üppig und sollten künftig strenger beäugt werden. Je nach Programm standen zum Beispiel Tilgungszuschüsse von 15 bis 50% oder direkte Zuschüsse von bis zu 75000 Euro je Wohneinheit bereit. Seit der kräftigen Aufstockung der Programme Anfang 2020 hat die KfW bis Ende 2021 etwa 61 Mrd. Euro an Krediten und Zuschüssen in dem Segment ausgereicht, was etwa dem zwei- bis dreifachem Niveau der Vorjahre entspricht. An die üppigen Hilfen für Bau- und Sanierungsvorhaben haben sich Privatleute, Baubranche, Wohnwirtschaft und Banken gewöhnt.

Zu den Klimaschutzeffekten von energie­effizienten Bau- und Sanierungsvorhaben gibt es bereits viele Daten. Eine Schätzung dazu, wie viel CO2 infolge einer Subventionen eingespart wird, ist aber nicht trivial. Theoretisch gäbe es einen Maßstab zur Kosteneffizienz, denn die Emission von CO2 hat einen Preis. Die Bundesregierung zielt für Kraftstoffe perspektivisch auf einen Preis von 55 bis 65 Euro je Tonne Kohlenstoffdioxid, der Referenzpreis für EU-Emissionszertifikate wiederum lag Mitte der Woche bei annähernd 92 Euro je Tonne. An dieser Größenordnung sollte sich auch eine Klimaschutzsubvention prinzipiell messen lassen – auch wenn eine Schätzung schwierig sein mag, weil das Verhalten von Privatleuten und Firmen berücksichtigt werden muss. Immerhin ist klar, dass die alte und die neue Bundesregierung einen wesentlichen Teil des Programms – die Hilfen für Neubauten mit dem Effizienzhausstandard 55 –, für wenig wirkungsvoll gehalten haben. Die alte Regierung hatte zwar vermieden, die Hilfen bereits vor der Bundestagswahl zu kürzen. Im November jedoch erklärte sie einen Stopp für Ende Januar, so dass Privatleute und Baufirmen, getrieben von Torschlusspanik, die KfW mit Anträgen überhäuften und die neue Regierung deshalb das Ende kurzerhand vorzog.

Aber auch die neue Bundesregierung wird diesen Programmteil wohl nicht mehr aufleben lassen, weil der Standard 55 für Neubauten ohnehin bereits verbreitet ist, wie Habecks Ministerium hervorhebt. Die Hilfen für den strengeren Standard 40 will die Regierung für Neubauten auf 1 Mrd. Euro deckeln und zum Jahresende auslaufen lassen. Ein Fokus soll auf Sanierungen liegen, weil hier nach Auffassung der Bundesregierung der größte Einspareffekt erzielt werden kann. Das erscheint plausibel.

Eine zurückhaltende und auf Wirkung ausgerichtete Subventionspolitik ist keine Absage an den Klimaschutz – im Gegenteil. Eben weil der Weg zu einer Nullemissionswirtschaft lang und mühsam ist und politisch wie wirtschaftlich Kraft kostet, ist der Blick auf die Wirkung elementar. Das Problem von Subventionen ist politischer Natur: Es ist leichter durchsetzbar, Geld zu verteilen, als etwa über höhere Steuern oder eine Verknappung von Emissionsrechten den Ausstoß von Treibhausgasen zu senken. Die Förderhöhe sollte daher in Relation zu anderen Instrumenten justiert werden.

Das ändert natürlich nichts daran, dass der abrupte Förderstopp ein Debakel war. Schon die alte Bundesregierung hätte – im Wahlkampf freilich schwierig – einen Teil der Hilfen reduzieren sollen, während die neue Koalition offenbar nicht fähig war, zumindest die Kredite für die gewünschten Sanierungsvorhaben weiterzuführen. Doch es wäre falsch, allein das Chaos zu sehen. Im Schock liegt auch eine Chance.

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