LEITARTIKEL

Im Sonderangebot

Telekomwerte sind an der Börse europaweit im Sonderangebot. Der Sektor hat gegenüber Mitte 2015, als die Kurse das Niveau des Vorkrisenjahres 2007 erreicht hatten, rund ein Viertel an Wert verloren. Der jährlich Anfang März stattfindende Mobile...

Im Sonderangebot

Telekomwerte sind an der Börse europaweit im Sonderangebot. Der Sektor hat gegenüber Mitte 2015, als die Kurse das Niveau des Vorkrisenjahres 2007 erreicht hatten, rund ein Viertel an Wert verloren. Der jährlich Anfang März stattfindende Mobile World Congress in Barcelona ließ in diesem Jahr ein echtes Aufbruchsignal der Schwergewichte in der Branche vermissen. Die Investoren sind ernüchtert und zugleich beunruhigt. Die Ernüchterung folgte nahezu zwangsläufig auf den vorausgegangenen M&A-Hype, der die großen Player im Rampenlicht gehalten hatte, während zweier Jahre, in denen Vodafone sich in Deutschland und Spanien mit großen Kabel-Zukäufen stärkte, Telefónica hierzulande mit E-Plus die Kräfte bündelte und Deutsche Telekom und Orange ihr britisches Joint Venture EE an BT Group losschlugen. Insbesondere die Telekom beschäftigte die Fantasie ihrer Aktionäre mit der Aussicht auf einen Mega-Deal ihrer Tochter T-Mobile US. Dieser ist in weite Ferne gerückt, die anderen Transaktionen entpuppen sich bisher als Enttäuschung. Shareholder Value? Fehlanzeige! Kein Wunder, dass die Anleger trotz solider Dividendenpolitik, mit der die Telekomfirmen ihre Aktionäre umwerben, lieber das Weite suchen. Ihnen fehlt jenseits von M&A die Perspektive für neue Wachstumsimpluse aus dem operativen Geschäft. Während die Umsätze der Branche in Europa weitgehend stagnieren – leichte Zuwächse im Mobilfunk werden noch immer bei Vielen von Rückgängen im heimatlichen Festnetz aufgezehrt -, drohen hohe Investitionen in die Infrastruktur. Die explosionsartig wachsenden Datenverkehre, von den Unternehmen stets positiv als Beleg für die robuste Nachfrage nach ihren Diensten hervorgehoben, verlangen nach stetig höheren Bandbreiten, vor allem im Mobilfunk. Jedoch bleibt ungeklärt, wie die wachsenden Mengen in entsprechend steigende Erlöse umgemünzt werden können, so dass sie die Investitionen rechtfertigen.So erschallt zunächst wieder einmal der Ruf nach Erleichterung. Den staatlichen Regulierungsrahmen finden die Telekomfirmen mal mehr mal weniger drückend. In einer Sache herrscht jedoch über Grenzen hinweg Einigkeit: Der bevorstehende Wechsel in den Mobilfunkstandard der 5. Generation (5G) erfordert hohe Ausgaben für neue Netztechnik, da soll die zuvor notwendige Vergabe der entsprechenden Mobilfunkfrequenzen vom Staat möglichst kostengünstig gestaltet werden. Als vorbildlich gilt das französische Modell. Dort hat die Regierung Macrons getreu der Vorstellung von ganz Frankreich als einer großen Bewegung (en marche) mit den Netzbetreibern einen Pakt geschlossen. Die Mobilfunkfrequenzen werden dort für eine vergleichsweise geringe Gebühr zugeteilt, während die Netzbetreiber sich zu bestimmten Ausbauauflagen verpflichten, um die Versorgung mit hohen Bandbreiten entsprechend voranzutreiben. Die Idee klingt bestechend, jedoch kann das Verfahren mit dem hehren Ziel, die Kasse der Unternehmen zu schonen, um möglichst viele Mittel in den Netzausbau zu lenken, für sich nicht in Anspruch nehmen, transparent und diskriminierungsfrei zu sein, von effizient ganz abgesehen. Diesen Anforderungen genügen – marktwirtschaftliche – Auktionsverfahren schon eher. Diese sollten nicht außer Acht gelassen werden, da Mobilfunkspektrum an sich eine knappe Ressource ist und sich in Deutschland nach Erhebungen der Bundesnetzagentur mehr Interesse als vorhandenes Spektrum andeutet. An einer effizienten Verwendung der Mobilfunkfrequenzen muss dem Staat wie auch den Anlegern gelegen sein. Die Äußerungen der etablierten Netzbetreiber, wie sie jüngst u.a. aus Dänemark oder Großbritannien zu hören waren, klingen nicht gerade vielversprechend. Konzernlenker geben unumwunden zu, dass ihnen die Fantasie für ein 5G-Geschäftsmodell fehlt. Sie pochen auf Ideen, bevor sie in den Standard überhaupt investieren. Entsprechend war auch in Barcelona von großen Geschäftsabschlüssen für Pilotnetze oder gar einem gewerblichen Netzaufbau nicht allzu viel zu hören. Ebenso wie der Regulierungsrahmen zweifellos Einfluss auf die Renditechancen von Investitionen hat, ist die Zahlungsbereitschaft der Nutzer für neue Dienste und Anwendungen ein entscheidender Faktor. Dass diese Bereitschaft beeinflussbar ist, haben innovative Produkte und Services immer wieder gezeigt. Die Entwicklung von Geschäftsmodellen für künftige Umsätze und Erträge ist eine Aufgabe, die die Telekomfirmen selbst lösen müssen. Wer die besten Ideen hat, kann letztlich auch am meisten investieren.—-Heidi RohdeDer Telekombranche fehlen Geschäftsideen für die neuen 5G-Netze. Bloße M&A-Akrobatik hält die Anleger nicht bei der Stange.—-