Tesla

In der Defensive

Die starken Auftaktquartale der deutschen Autobauer und der vergleichsweise geringe Tesla-Gewinn zeigen, wie groß der Rückstand der Kalifornier ist. Eine Wachablösung in der Branche steht nicht an.

In der Defensive

Die Durststrecke der deutschen Automobilindustrie in den vergangenen Jahren mag den Eindruck verstärkt haben, dass die Wachablösung an der Spitze der Branche durch den US-Elektroautobauer Tesla unmittelbar bevorstehen könnte. Dabei waren es vor allem Sonderfaktoren, die dafür gesorgt haben, dass die Ergebnisse bei Daimler, VW und BMW teils deutlich hinter früheren Rekorden zurückblieben – die juristisch wie finanziell aufwendige Aufarbeitung des Dieselskandals, Kartellstrafen, die Kosten der technologischen Transformation, die Coronakrise sowie jüngst die Halbleiterflaute kommen in den Sinn.

Wie groß der Abstand zur Branchenspitze für Tesla noch ist, zeigt das erste Quartal. Bei einem Rekordabsatz von gut 184000 Autos erwirtschaftete der US-Autobauer unter dem Strich 438 Mill. Dollar – ein Rekord, jedoch nicht einmal ein Zehntel so viel wie Daimler. Dabei wurde der Gewinn von positiven Sondereffekten wie Veräußerungsgewinnen aus der Investition in die Kryptowährung Bitcoin sowie dem Verkauf von Abgaszertifikaten getrieben. Ohne diese wäre womöglich sogar ein Verlust angefallen. Derweil fahren Daimlers Pkw-Tochter Mercedes-Benz, BMW und die Volkswagen-Gruppe Milliardengewinne ein.

Sollte sich der Erfolg der traditionellen Autobauer fortsetzen – und die angehobenen Ziele für das Gesamtjahr bei Daimler lassen nichts anderes vermuten –, könnte das die Euphorie um Tesla dämpfen. Denn die Konkurrenz auf dem bislang überschaubaren E-Automarkt wächst rasant. Volkswagen hat gleich mehrere Modelle an den Start gebracht, die in der beliebten Kategorie der Mittelklasse-SUVs das demnächst in Grünheide vom Band laufende Model Y preislich unterlaufen. Diesen Angriffspunkt haben auch Hyundai und Kia mit ihren E-Modellen ausgemacht. Im Premium-Segment attackieren Mercedes und BMW die Position Teslas gleich mit mehreren Edel-Stromern. Für Sportwagenfans bieten Audi und Porsche top verarbeitete Alternativen zum Model S Plaid auf ähnlichem Preisniveau.

Es dürfte kein Zufall sein, dass Mitgründer und CEO Elon Musk derzeit mit Bitcoin-Handel und anderen Themen vom Kerngeschäft ablenkt. Die Autoindustrie wird aufgrund regulatorischer Vorgaben ab diesem Jahr deutlich mehr E-Autos verkaufen müssen. Zum ersten Mal seit der Gründung vor knapp 18 Jahren muss sich Tesla ihre Nische nicht nur herausarbeiten. Der Elektroautopionier muss sie verteidigen und wirkt dabei so angreifbar wie lange nicht.

(Börsen-Zeitung,