Private Equity

In der Wagenburg

Es ist ein Fehler, wenn Akteure des Finanzsektors in der Auseinandersetzung mit Private Equity allein auf gängige Markteintrittshürden vertrauen.

In der Wagenburg

Am deutschen Finanzplatz verlagert sich das Zentrum des Geschehens offenbar zusehends von Frankfurt nach Wiesbaden. In Hessens Landeshauptstadt sind zwar keine Großbanken, sondern nur die Auskunftei Schufa und der Immobilienfinanzierer Aareal ansässig. Dennoch lässt sich in der Kurstadt am Ufer des Rheins studieren, dass es im Finanzsektor mittlerweile nicht anders zugeht als andernorts: Wo Gesellschaften, ob börsennotiert oder nicht, strategische Leerstellen lassen oder sich sonstwie eine Blöße geben, treten zunehmend Finanzinvestoren bzw. Aktionärsaktivisten auf den Plan, um anstelle des Managements das Ruder zu übernehmen.

Bei der Schufa hat EQT einen Reformstau diagnostiziert. An der Aareal Bank, die der gängigen Meinung zufolge das Potenzial ihrer Tochter Aareon zu lange hat brachliegen lassen, arbeiten sich wiederum die auf einen Spin-off des Software-Unternehmens abzielenden Hedgefonds Petrus Advisers sowie Teleios Capital ab. Und parallel schickt sich ein Konsortium um Advent und Centerbridge an, nichts weniger als die erste Übernahme eines börsennotierten Finanzinstituts durch Private Equity in Deutschland zu stemmen. Warum auch nicht? Die Branche der Finanzinvestoren hat Anlagedruck, und der Bankensektor lockt neuerdings mit wieder gestiegenen Bewertungen.

Für das Bieterkonsortium um Advent und Centerbridge wird mit Ablauf der schon einmal für Aareal-Bank-Aktionäre verlängerten Frist am 2. Februar die Stunde der Wahrheit schlagen. Den Aktivisten Petrus Advisers und Teleios dürfte es unterdessen ohnehin gar nicht schnell genug gehen können mit einer Filetierung der im SDax notierten Aareal Bank, schon weil über kurz oder lang die Optionsgeschäfte auslaufen werden, mit welchen sich die Akteure Zugriff auf Anteile am Immobilienfinanzierer gesichert haben. Dagegen nimmt sich EQT für ihr Werben um Anteile von Banken und Handelsunternehmen an der Schufa fraglos mehr Zeit. Angesichts eines zersplitterten Aktionariats sowie eines intransparenten Geflechts von Vorkaufsrechten für Beteiligungen an der Auskunftei zeugt dies von Realitätssinn. Zu behaupten, der Vorstoß der Aktivisten und Beteiligungsgesellschaften entwickele sich zu einem Triumphzug, wäre ohnehin stark übertrieben: Im Falle des Gebots für die Aareal Bank fällt die Resonanz des Marktes auch nach Aufbesserung der Offerte bislang verhalten aus. EQT wiederum hat mit ihrem Interesse an der Schufa zwar schon mächtig von sich reden gemacht, indes nicht Anteile in wahrnehmbarem Ausmaße aufsammeln können. Zieht sich Cerberus nicht gerade mit einer blutigen Nase aus einer Wette auf Deutschlands Großbanken zurück?

Im Finanzsektor liegen die Hürden für einen Markteintritt für Private Equity natürlich ein bisschen höher als etwa in der Textilproduktion oder in der Sicherheitsbranche: BaFin und EZB warten mit Inhaberkontrollverfahren auf. Im Falle einer Übernahme der Aareal Bank hat auch der von der Greensill-Pleite gezeichnete Prüfungsverband der privaten Banken ein gehöriges Wort mitzureden.

Abschreiben sollte man die Finanzinvestoren dennoch nicht. Im Fall der Schufa etwa dürfte die Strategie der Finanzverbünde, die Reihen zu schließen und Vorkaufsrechte zu nutzen, um EQT draußen zu halten, auf Dauer kaum aufgehen, sofern diese sich in einem Wagenburg-Ansatz erschöpft. So hat EQT beträchtliche Investitionen in die Schufa angekündigt und auch ein Verbraucherschutz-Konzept erarbeitet – von den momentanen Eigentümern ist Ähnliches nicht überliefert. Wie alle Unternehmungen, in denen die deutsche Kreditwirtschaft säulenübergreifend gemeinsame Sache macht – vom Online-Bezahldienst Paydirekt bis hin zur Lobby Deutsche Kreditwirtschaft –, scheint die Schufa von einer gewissen Unbeweglichkeit befallen. Die steht ihr zu Beginn des Booms im Datengeschäft schlecht zu Gesicht.

EQT muss daher gar nicht zum Kahlschlag ausholen. Um den Wert der Schufa zu steigern, könnte es schon ausreichen, die Governance zu begradigen. Auch wenn die Verbände der Genossen und Sparkassen ihre Mitglieder nun zur Ordnung rufen mögen: Manches Institut, das seine Beteiligung ohnehin nicht zum Kerngeschäft zählt, könnte diese versilbern wollen, zumal Dividenden laut EQT ohnedies nicht mehr fließen sollen wie gewohnt. Auch wenn Private Equity im Finanzsektor zu kämpfen hat: Die im Visier stehenden Gesellschaften gehen ein hohes Risiko ein, wenn sie sich auf die Wirkung historischer Hürden verlassen, ganz gleich, ob diese im Aufsichtsrecht oder in Vorkaufsrechten bestehen. (Börsen-Zeitung, 28.1.2022)

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