LeitartikelStellantis

Elkann muss das Ruder herumreißen

Stellantis-Chairman und Interims-CEO John Elkann muss den angeschlagenen Autokonzern wieder auf Kurs bringen. Das ist eine Herkulesaufgabe.

Elkann muss das Ruder herumreißen

Stellantis

Herkulesaufgabe für Elkann

Von Gerhard Bläske

Elkann muss das Ruder nun schnell herumreißen. Nach einem weiteren Horrorjahr 2025 soll es 2026 besser werden.

Als der franko-italienische Autokonzern Stellantis Anfang 2021 an den Start ging, waren die Erwartungen hoch. Gewaltige Kosteneinsparungen durch die Nutzung gemeinsamer Plattformen, illustre Namen wie Citroën, Peugeot, Jeep, Fiat, Alfa Romeo, Opel oder Maserati und eine starke Position in Europa sowie Nord- und Südamerika sollten der Opel-Mutter eine goldene Zukunft sichern.

Vier Jahre später ist der Katzenjammer allenthalben groß. Die Stellantis-Marken vermelden fast überall drastische Umsatz-, Absatz- und Marktanteilsrückgänge. Die Gewinnprognose musste massiv reduziert werden, vor allem weil die langjährige Cashcow USA, die für den Großteil der Gewinne stand, lahmt. Und der Aktienkurs, der nach der Fusion zunächst deutlich gestiegen war, hat sich seit März 2024 um mehr als die Hälfte verringert. CEO Carlos Tavares musste nicht zuletzt auf politischen Druck hin Anfang Dezember gehen. Denn vor allem in Frankreich und Italien gingen die Produktions- und Beschäftigungszahlen stark zurück.

Nun soll es John Elkann richten. Der Chairman und Enkel des legendären Fiat-Chefs Gianni Agnelli soll das schlingernde Schiff wieder auf Kurs bringen. Er hat interimistisch auch den Posten des CEO übernommen und sucht einen neuen Chef für das Himmelfahrtskommando bei Stellantis. Die Gewerkschaften üben massive Kritik und haben wiederholt zu Streiks aufgerufen. Auch die Politik mischt kräftig mit. Denn bei Stellantis ist auch der französische Staat als Aktionär mit an Bord. Zudem macht Italiens Regierung angesichts des dramatischen Niedergangs der italienischen Autobranche seit vielen Monaten massiv Druck.

Lange Zeit kaschierten stetig steigende Rekordgewinne und riesige Dividendenzahlungen, von denen vor allem die Familien Elkann/Agnelli und Peugeot als Großaktionäre profitierten, die Misere. Doch die Riesengewinne waren nicht zuletzt auf Kosteneinsparungen und Preisanhebungen, die die Margen erhöhten, zurückzuführen. Die Verkaufszahlen gingen dagegen seit der Fusion um zwei Millionen Einheiten zurück. Viele Modelle blieben in den Verkaufsräumen stehen. Vor allem in den USA gibt es riesige Lagerbestände.

Viele Modelle sind veraltet, unattraktiv und preislich nicht wettbewerbsfähig. Das gilt nicht nur für die Massenmodelle. Der Absatz etwa der Oberklassemarke Maserati, die tiefrote Zahlen schreibt, brach 2024 sogar um 64% auf unter 10.000 Einheiten ein. Konkurrenten wie Lamborghini und Ferrari fahren dagegen von einem Verkaufsrekord zum anderen. Neue Modelle aber gibt es bei Maserati auf absehbare Zeit nicht.

Elkann und ein neuer CEO müssen das Ruder nun schnell herumreißen. Nach einem weiteren Horrorjahr 2025 soll es dank neuer Modelle, die teilweise schon auf dem Markt sind, 2026 besser werden. Doch das Grundproblem bleibt: Konkurrenten aus Asien, vor allem aus China, sind deutlich günstiger und punkten bei Klein- und Mittelklassewagen, wo Stellantis den Schwerpunkt hat. Auch bei der Elektromobilität fährt Stellantis hinterher. Mit dem chinesischen Partner Leapmotor, der in europäischen Stellantis-Werken produziert, hat sich der franko-italienische Konzern den Konkurrenten nun ins eigene Haus geholt.

Alles hängt jetzt an einer glaubwürdigen Plattformstrategie mit attraktiven und konkurrenzfähigen Fahrzeugen. Ob die Absatzzahlen angesichts einer vor allem in Europa vermutlich dauerhaft rückläufigen Nachfrage und eines abnehmenden Auto-Interesses der jüngeren Generation wieder anziehen, steht dennoch in den Sternen. Zudem gibt der aktuelle konjunkturelle und geopolitische Kontext nicht gerade Anlass zu Optimismus. Wirtschaftspolitische Unsicherheit, Konflikte und mögliche Strafzölle, die Stellantis vermutlich aber weniger stark träfen als andere Hersteller, bieten nicht unbedingt ein günstiges Umfeld für einen Hersteller von Klein- und Mittelklasse-Autos. Immer strengere umweltpolitische Vorgaben erschweren die Aufgabe zusätzlich. Es ist eine Herkulesaufgabe, Stellantis wieder auf Kurs zu bringen.

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