Mailand

Italien ganz im Zeichen der 2G-Regel

Italien gehört zu den Musterknaben in der vierten Coronawelle. Damit der Vorsprung bleibt, könnte schon bald auch in sämtlichen Berufen am Arbeitsplatz die 2G-Regel Wirklichkeit werden.

Italien ganz im Zeichen der 2G-Regel

Strenge Anti-Corona-Regeln im gesamten öffentlichen Leben und eine damit verbundene hohe Impfquote von weit mehr als 85 % der über Zwölfjährigen haben Italien zu einem Musterknaben in der Pandemie gemacht. Doch auch hier steigt der Inzidenzwert und liegt inzwischen bei 176 pro 100 000 Einwohner. Die Maßnahmen sind seit der vergangenen Woche noch einmal drastisch verschärft worden. Fast überall gilt nun eine 2G-Regelung mit dem weitgehenden Ausschluss Ungeimpfter aus dem öffentlichen Leben. Für das Berufsleben sind die Regeln nicht ganz so streng: Überwiegend gilt die 3G-Regel.

Der 177 Meter hohe Generali-Tower im Mailänder Geschäftsviertel City Life, wegen seiner Optik „Lo Storto“ (der Verdrehte) genannt, ist das dritthöchste Gebäude Italiens. Die Büros der Assicurazioni Generali erstrecken sich über 44 Etagen. Doch seit Ausbruch der Corona-Pandemie ist es ruhig: Die verglaste Eingangshalle wirkt fast verwaist. Die meisten Beschäftigten arbeiten im Homeoffice. Natürlich gibt es auch Mitarbeiter, die ins Büro kommen. Sie müssen ihr Erscheinen jeden Tag via App ankündigen und Fragen zu ihrem Gesundheitszustand beantworten. „Durch diese Anmeldeprozedur vermeiden wir auch die Bildung von Warteschlangen“, sagt Pressesprecher Jonathan Heywood. Außerdem könnten so die Wahrung von Abständen im Büro und die rechtzeitige Reinigung des Arbeitsplatzes sichergestellt werden. Generali stellt den Beschäftigten auch ein Hygiene-Set mit Gesichtsmaske zur Verfügung, – auch das sollte vorher per App „gebucht“ werden.

Mitte Oktober wurden die Anti-Covid-Maßnahmen in Italien und damit auch bei Generali verschärft. In den Unternehmen muss der sogenannte Green Pass vorgelegt werden, der der deutschen 3G-Regelung entspricht. Die Kontrollen, die über die VerificaC19-App sichergestellt werden, hat Generali einer externen Sicherheitsfirma übertragen. Deren Mitarbeiter messen am Eingang auch die Temperatur der Mitarbeiter. Der Versicherer weist darauf hin, sich genau an die allgemeinen Regeln zu halten.

Wer nicht geimpft, genesen oder getestet ist, darf nicht ins Büro. Für einen Schnelltest, der 48 Stunden gültig ist, müssen die Beschäftigten selbst zahlen, meist um die 15 Euro. Einige Unternehmen übernehmen die Kosten. Ein Molekulartest gilt 72 Stunden. Getestet wird in Testzentren oder auch beim Apotheker. Arbeitnehmer, die die 3G-Regeln nicht einhalten und nicht von zu Hause aus arbeiten können, erhalten kein Gehalt mehr – das ist die Regel. Gekündigt werden darf solchen Mitarbeitern aber nur in Ausnahmefällen. Verantwortlich für die Kontrollen sind die Arbeitgeber. Bei Verstößen müssen sie bis zu 1000 Euro zahlen, Arbeitnehmer bis zu 1500 Euro.

In einigen Berufen gelten weitaus schärfere Regeln. Bereits seit April müssen die fast zwei Millionen Beschäftigten im Gesundheitswesen geimpft oder genesen sein (2G-Regel), seit 10. Oktober auch die Beschäftigten in Alten- und Pflegeheimen. Von diesem Mittwoch an muss das gesamte Schul- und Kindergartenpersonal (Lehrer, Verwaltung, Kinderbetreuer, Putzpersonal) geimpft oder genesen sein. 2G gilt nun auch für das Verwaltungspersonal im Gesundheitswesen, für das Militär und die Polizei – insgesamt für mehr als vier Millionen Beschäftigte. Das entspricht etwa 17,4% aller Arbeitnehmer. Medizinisches Personal sowie Mitarbeiter von Alten- und Pflegeheimen müssen jetzt auch eine Drittimpfung nachweisen.

Arbeitgeberverbände und Ge­werkschaften tragen die Maßnahmen mit. In vielen Städten kommt es aber jeden Samstag zu teils gewalttätigen Demonstrationen von Impfgegnern. Doch die meisten Italiener haben dafür wenig Verständnis. Zu tief sitzt der Schock der schrecklichen ersten Coronawelle Anfang 2020, die vor allem Italien so schwer traf. Seit Beginn der Pandemie sind im Bel Paese fast 135000 Menschen gestorben – deutlich mehr als in Deutschland.

Doch obwohl die Zahl der Neuinfektionen und Toten in dieser vierten Welle deutlich niedriger ist als etwa in Deutschland, soll Premierminister Mario Draghi einen Plan B vorbereiten. Sollte die Zahl der Todesfälle, die zuletzt bei um die 100 pro Tag lag, auf mehr als 200 steigen, plant er offenbar, die 2G-Regel auf das gesamte Berufsleben auszudehnen.