Kaffee muss nicht billig sein
Notiert in London
Kaffee muss nicht billig sein
Von Andreas Hippin
Bryce Cunningham hat am Samstag die bislang teuerste Tasse Kaffee auf den Markt gebracht, die in Großbritannien zu haben ist. Sein Flat White kostet 272 Pfund und ist bei 13 schottischen Anbietern wie Williams & Johnson in Edinburgh zu haben. Bislang hielt Shot London den Rekord, wenn es um den Preis des Muntermachers geht. Im Nobelviertel Mayfair konnte man sich für 263 Pfund ein Schlückchen gönnen, das mit Typica-Kaffee aus dem fernen Okinawa produziert wurde.
Doch Cunninghams Angebot hat mit dieser Art von Luxus nichts zu tun. Es handelt sich auch nicht um Bohnen, die erst durch den Verdauungstrakt von Elefanten (Black Ivory), Nasenbären (Misha-Kaffee) oder Schleichkatzen (Kopi Luwak) wandern mussten. Nein, der Milchbauer aus dem schottischen East Ayrshire will die Kaffeetrinker zu Investoren machen und gemeinsam den Großmolkereien Paroli bieten.
Teil einer Bewegung werden
Wer den Kaffee ordert, erhält 34 Aktien seiner Mossgiel Farm. Manchmal brauche man ein wenig Schockfaktor, um die Leute zum Nachdenken zu bewegen, sagt Cunningham. Mit dem Flat White investierten sie in eine nachhaltige Zukunft für die Landwirtschaft und würden Teil einer Bewegung, die sich vorgenommen hat, die Milchwirtschaft zu verändern.
Cunningham hat nicht nur eine Herde von 45 Kühen. Er hat auch die Plattform für eine Kooperative geschaffen, der sich fünf weitere Biobauern angeschlossen haben. Mossgiel Farm übernimmt Pasteurisierung, Abfüllung und Vertrieb. Seit Oktober bemüht er sich per Crowdfunding darum, die Mittel für eine Verdoppelung der Produktion und die Erschließung neuer Märkte zusammenzubekommen.
Auf dem Weg zur CO2-Neutralität
Nachhaltigkeit wird dabei großgeschrieben. Das äußert sich nicht nur darin, dass Mossgiel Farm Glasflaschen für ihre Milch verwendet. Auf seiner Farm werden Kälber nicht nach der Geburt von ihren Müttern getrennt. Dank eines Biomasse-Boilers befindet er sich auf dem besten Weg zur für 2025 angestrebten CO2-Neutralität.
Via Crowdcube bietet Cunningham Aktien für 8 Pfund das Stück an. Anteilseignern werden unter anderem Bauernhofführungen angeboten. Wer 50.000 Pfund investieren will, bekommt die Gelegenheit, eine Tanzveranstaltung in der Scheune auszurichten. Das Catering und Unterhaltungsprogramm übernimmt der Bauernhof.
Der Anti-Starbucks
Viele Londoner wundern sich derweil, warum der Preis für einen Coffee to go bei Anbietern wie Costa Coffee oder Caffè Nero in den vergangenen Jahren derart in die Höhe geschossen ist. Doch gibt es mit der Bäckereikette Greggs eine Alternative. Bei diesem Anti-Starbucks aus dem nordenglischen Newcastle kostet der Flat White oft nur die Hälfte dessen, was man anderenorts auf den Tisch legen muss.
Und noch ein Tipp für Englandreisende, die beim Kaffeegenuss nicht hip sein müssen: Medium Latte enthält fast überall einen doppelten Espresso, ist größer als der Flat White und günstiger zu haben.