Investitionsrisiken

Kapital­anlage in Kriegs­zeiten

Für Investoren gilt es in Kriegs- und Krisenzeiten besonders wachsam zu sein. Eine breite Streuung der Investments, auch über Assetklassen hinweg, mindert Risiken merklich.

Kapital­anlage in Kriegs­zeiten

Seit dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine herrscht Krieg in Europa. Ein Krieg, in dem Menschen unendlich viel Leid erfahren. Vor dem Hintergrund dieses menschlichen Leids ist das Thema Geldanlage in Kriegs- und Krisenzeiten natürlich zweitrangig. Es bleibt ein schwieriges, weil es von manch einem leicht falsch aufgefasst werden kann. Deshalb sei vorausgeschickt: Börsianer, die an den Kapitalmärkten tätigen Menschen, mögen den Frieden, nicht den Krieg. Und das allein, weil der Krieg grauenhaft ist und erhebliches menschliches Leid mit sich bringt.

Die nüchterne Analyse der Kapitalmärkte kommt zu dem Ergebnis, dass Kriege zu heftigen Turbulenzen an den Märkten führen. Die Vermögensverluste von Menschen und Institutionen in den Krieg führenden Ländern sind beträchtlich, dies reicht bis hin zum finanziellen Totalverlust. Häufig ziehen Kriege auch heftige Inflationen nach sich, welche Geldvermögen komplett wertlos werden lassen.

Kriege können aber auch bei Investoren aus Ländern, die nicht Krieg führen, zu beträchtlichen Verlusten bis hin zum Totalverlust ihres Kapitalvermögens führen. Deshalb gilt es für Investoren in Krisen- und Kriegszeiten besonders wachsam zu sein. Natürlich muss ein jeder Anleger letztendlich selbst entscheiden, wie und in was er investiert. Aber jeder Investor sollte sich zum einen über seine Verpflichtungsseite und seinen Anlagehorizont klar sein oder muss in dieser Hinsicht schleunigst seine Hausaufgaben machen. Zum anderen sollte der weitgehende Erhalt des realen Kapitals gerade in Kriegs- und Krisenzeiten Vorrang vor heißen Wetten haben, die gut gehen können, bei denen aber auch das komplette Kapitalvermögen gen null schwinden kann.

Die jüngsten extremen Verluste russischer Aktien und Aktien-ETFs von 90% und mehr zeigen auf, was in Kriegszeiten mitunter passiert. Vor diesem Hintergrund müssen Anleger jetzt genau hinschauen, in was sie investieren, und auch immer etwaige Weiterungen stets mit einkalkulieren. Aktien von Firmen, die erhebliche Geschäfte mit Russland getätigt haben oder die dort viel Geld investiert haben, haben in der Regel bereits beträchtlich an Wert verloren. Doch dürften auf der anderen Seite noch nicht überall alle Risiken zutage getreten sein. Einen genauen Blick müssen Investoren in Kriegs- und Krisenzeiten auch auf Banken werfen. Hier können Risiken gleich in mehrfacher Hinsicht lauern. Zum einen haben Kreditinstitute Ge­schäftsbeziehungen zu Russland und vielleicht auch Gelder an russische Unternehmen ausgereicht, die jetzt abgeschrieben werden müssen. Auch können Kreditinstitute an den Märkten oder an den Terminmärkten mit ihren Nachschussverpflichtungen falsch positioniert in die Krise geschlittert sein oder auch falsch agieren. Darüber hinaus drohen stets bei Turbulenzen an den Märkten mögliche Verluste mit Derivaten.

Zum Glück gibt es aber bewährte Rezepte für Investoren, um Risiken im Griff zu haben, die auch in Kriegs- und Krisenzeiten wirken. Dazu zählt zum einen eine breite Streuung der Investments, und dies nicht allein am Aktienmarkt, sondern über Assetklassen hinweg. So erhöht zum Beispiel die Beimischung von Gold, von sicheren Staatsanleihen mit kurzer Duration und von inflationsgeschützten Anleihen erster Qualität die Stabilität eines Portfolios wesentlich. Auch ausgewählte Rohstoff­titel, nicht aus Russland, aber aus den USA, Kanada, Norwegen oder Australien, machen im Portfoliozusammenhang Sinn.

Erste Investorenpflicht ist es, alle Investments auf den Prüfstand zu stellen und diese genau zu kennen. Zudem gilt es bei hoch bewerteten Assets Vorsicht walten zu lassen, es ist immer besser, relativ günstig zu kaufen. Zudem sei vor extrapolativen Erwartungen gewarnt. Die Kurse von Assets steigen nicht allein weiter, weil sie zuvor stark gestiegen sind, und gerade in Krisen- und Kriegszeiten bricht so mancher Trend. Schließlich sind stabile Trends das Szenario allein in Schönwetterphasen.

Leider ist es in der Finanzbranche häufig so, dass viel über Kurschancen und viel zu wenig über Risiken gesprochen wird. Sich Risiken bewusst zu machen, Worst-Case-Szenarien zu erarbeiten, ist das Gebot der Stunde. Schön, wenn diese dann nicht eintreffen, doch gilt es doch gerüstet zu sein.

Hoffentlich ist bald wieder Frieden in Europa. Nicht allein wegen der Finanzmärkte, deren Perspektiven sich dann bessern würden. Vor allem für die Menschen in der Ukraine.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.