LeitartikelFondsmanagement

KI statt Kaldemorgen

Bei mehreren Fonds trifft bereits eine KI die Anlageentscheidung. Ob eine KI auf Dauer besser ist als ein Mensch als Fondslenker, muss nun die Praxis zeigen.

KI statt Kaldemorgen

Fondsmanagement

KI statt Kaldemorgen

Bei mehreren Fonds entscheidet eine KI über die Anlage. Ob KI besser ist als ein Manager, muss nun die Praxis zeigen.

Von Werner Rüppel

Als vor etlichen Jahren Schachcomputer aufkamen, hat niemand erwartet, dass diese Computer einmal Großmeister schlagen würden. Aber diese Rechner wurden immer besser, und bei Schach schlägt der Computer inzwischen den Menschen.

Nun hat das Tech-Unternehmen Ultramarin zusammen mit Goldman Sachs und Baader mit dem AI-Enhanced Eurozone Equities Ucits ETF den ersten aktiven ETF aufgelegt, der vollständig von künstlicher Intelligenz (KI) gesteuert wird. Auch andere Häuser verwenden KI nicht allein als Unterstützung im Portfoliomanagement, sondern die KI entscheidet statt eines Fondsmanagers über die Anlage. Dies dann eben nicht im ETF-Mantel, sondern in dem eines aktiven Fonds. So ist zum Beispiel beim Acatis AI Global Equities eine KI für die Auswahl von Aktien im Fonds verantwortlich. Und der Oddo BHF Artificial Intelligence setzt KI ein, um die vielversprechendsten Unternehmen im Zusammenhang mit dem Thema KI zu identifizieren.

Je nach Ausrichtung eines Fonds kann die Anlageentscheidung der KI dann zum Beispiel die Auswahl von Einzelaktien oder den Investitionsgrad in Aktien oder Anleihen betreffen. Da stellt sich natürlich die Frage, ob eine KI als Fondslenker besser ist als der Mensch. Zum Beispiel besser als ein Klaus Kaldemorgen und sein Team oder besser als Bert Flossbach und sein Team, um einmal zwei prominente und erfolgreiche Fondslenker zu nennen.

Die Antwort darauf ist komplex und kann heute weder Ja noch Nein lauten. Denn zum einen gibt es nicht die eine KI, die quasi als Portfoliomanager fungiert, sondern es gibt KI-Entwicklungen für Portfolioentscheidungen von mehreren Rocket Scientists. Die eine KI mag überzeugen, die andere nicht, das ist wahrscheinlich ähnlich wie bei menschlichen Managern.

Echtes Geld ist entscheidend

Zum anderen sind Kapitalmärkte komplexe dynamische Systeme. Natürlich führen alle KI-Entwickler Backtests durch, die in der Regel auch mehrere Jahre zurückreichen. Ein klar positives Ergebnis eines Backtests, das ist zwar schon etwas. Auch Ultramarin verweist übrigens bei dem oben genannten ETF auf einen deutlich positiven Backtest, und dies über mehrere Jahre. Doch ist bei Investmentfonds das Abschneiden mit echtem Geld entscheidend. Und dies nicht über ein oder zwei Jahre, sondern langfristig über fünf oder zehn Jahre. Ob eine KI-gesteuerte Strategie tatsächlich funktioniert, muss sich daher in den kommenden Jahren in der Praxis erst zeigen.

Ein interessanter Aspekt dabei sind auch die Kosten. So profitieren zum Beispiel passive ETFs auf Standardaktienindizes davon, dass sie sowohl für Institutionelle wie auch für Privatanleger niedrige laufende Kosten von wenigen Basispunkten im Jahr aufweisen. Denn Kosten kosten Performance.

Wie teuer werden also von KI gesteuerte Fonds sein? Was kostet es, eine für das Portfoliomanagement erfolgreiche KI zu entwickeln? Der genannte AI-Enhanced Eurozone Equities ETF weist zum Beispiel laufende Kosten von 65 Basispunkten auf. Das ist jetzt zwar nicht extrem teuer, bei anderen ETFs und Fonds zahlen aber Institutionelle weniger.

Was passiert in Extremsituationen?

Auf der anderen Seite können Assetmanager durch den verstärkten Einsatz von KI auf den verschiedenen Ebenen ihre Produktionskosten senken. In den vergangenen Jahren haben immer mehr quantitative Ansätze das Assetmanagement verbessert und viele Gelder angezogen. Dabei schaut häufig aber noch ein Fondsmanager, ein Mensch, über die Ergebnisse der quantitativen Modelle und Analysen. Doch was passiert in Extremsituationen an den Märkten, wenn die KI allein die Anlageentscheidung trifft? Sollte nicht doch noch ein an den Kapitalmärkten erfahrener Mensch letztendlich die Entscheidung treffen?

Oder ist es so wie mit dem Schachcomputer? Denkbar ist zumindest, dass in ein paar Jahren vor allem leistungsfähige KI die Anlageentscheidungen trifft. Weil sich diese dann wie der Schachcomputer als besser erweist.

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