KommentarBig Tech

Klagen und Streiks gegen die künstliche Intelligenz

Künstliche Intelligenz bietet Chancen, ist aber auch zunehmend umstritten. Big Tech muss Verantwortung übernehmen.

Klagen und Streiks gegen die künstliche Intelligenz

Hollywood-Autoren

Erster Streik gegen die KI

Von Marcel Richters

Erst eine Reihe von Klagen, jetzt auch noch zwei Hollywood-Gewerkschaften im Streik: Der Zwist um künstliche Intelligenz ist voll entbrannt. Google muss sich womöglich wegen der Nutzung personenbezogener Daten auf einen Streitwert von immerhin 5 Mrd. Dollar gefasst machen. Im Juni reichten mehrere Autoren Klage gegen Microsoft und OpenAI ein, weil die Unternehmen unerlaubt 300 Millionen Wörter aus ihren Werken für das Training der Chatbots genutzt haben sollen. US-Comedian Sarah Silverman erhebt ähnliche Vorwürfe gegen Meta und OpenAI. Im andauernden Streik der Writers Guild of America spielen Befürchtungen um eine vermehrte Nutzung von KI zur Erstellung von Drehbüchern ebenso eine Rolle wie beim jetzt begonnenen Ausstand zehntausender US-Schauspieler.

Künstliche Intelligenz ist umstritten – auch deshalb, weil sie auf der Arbeit anderer basiert. Etwa auf der Arbeit derer, die tausende und abertausende Bilder, Sätze und Wörter für die Trainingsdatensätze der KI-Firmen verschlagworten, oftmals in ärmsten Teilen Afrikas und Asiens für wenige Dollar am Tag. Während diese Menschen aber wenigstens noch einen – wenn auch kleinen – Nutzen aus der neuen Technologie ziehen können, sehen sich in den Industrieländern viele durch die schlagartig zunehmende KI-Nutzung bedroht.

Es wäre wohlfeil, ihnen zuzurufen, sie sollten sich nicht so haben. Ihre Angst ist vielfach begründet. Welche Auswirkungen KI auf unseren Alltag haben wird, lässt sich kaum abschätzen. Viele Branchen werden sich grundlegend verändern. Auch jene, die KI erst möglich gemacht hat. Was noch vor wenigen Jahren als Fantasie galt, gewinnt heute zunehmend an Bedeutung: das Programmieren mit und sogar durch KI.

All das lässt sich vielleicht als Wachstumsschmerz einer rasant wachsenden Branche sehen. Doch die Schmerzen könnten chronisch werden, wenn sich Big Tech nicht schleunigst seiner Verantwortung bewusst wird. Nicht nur gegenüber jenen, deren geistiges Eigentum die Konzerne nutzen, sondern auch gegenüber sich selbst. Denn ihnen droht sonst ein Verlust an Trainingsmaterial – und der künstlichen Intelligenz ein herber Rückschlag, noch bevor sie ihr Potenzial entfalten kann. Denn Potenzial hat sie. KI kann Arbeitsabläufe effizienter machen, kann Freiraum schaffen für jene Tätigkeiten, die eine KI nicht auszuüben vermag – etwa im Care-Bereich. Es gilt einen Weg zu finden, notfalls auch mit einer deutlich strengeren Regulierung. Das könnte auch zu einem versöhnlicheren Umgang mit der künstlichen Intelligenz beitragen.

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