KommentarGreensill-Debakel

Lieber den Spatz in die Hand nehmen

Die von der Greensill-Pleite betroffenen Kommunen tun gut daran, das Kapitel mit Forderungsverkäufen zu schließen. Zum einen entwertet die Inflation Ansprüche. Zum anderen trägt es zur Befriedung vor Ort bei, wenn das Thema abgeräumt wird.

Lieber den Spatz in die Hand nehmen

Die Pleite der Greensill-Bank ist knapp drei Jahre her und wirft noch immer ihre Schatten. Die ohne Einlagenschutz dort investierten Kommunen haben die Sachlage nach einer Phase des Stillhaltens neu bewertet und gehen nun dazu über, ihre Forderungen mit Abschlag zu verkaufen. Das ist ein schmerzhafter, aber dennoch richtiger Schritt.

Denn da sich das Insolvenzverfahren mit einer wahrscheinlichen Quote von 30% noch über viele Jahre zieht, ist der Forderungsverkauf insgesamt die bessere Option. Zum einen frisst die Inflation mit ihrer Zinseszins-Wirkung den Wert einer Auszahlung in zehn Jahren auf. Zum anderen können nun zurückfließende Gelder in die Wiederanlage gehen, wo beim Festgeld bis zu 3,5% drin sind. Das hebt die darum bereicherte „Insolvenzquote“ auf rund 30%, wenn Kommunen wie Wiesbaden und Gießen die derzeitigen Preise für ihre Assets erhalten.

Besser den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach. Für die Kommunen ist aber auch noch ein anderer Aspekt elementar: Die für Fehlinvestitionen verantwortlichen Kommunalpolitiker werden von ihren Ortsrivalen gepiesackt und sind mit dem Zorn der Bürger konfrontiert. Nur wenn ein Schlussstrich unter das Greensill-Debakel gezogen werden kann, ist der Blick nach vorne möglich.

Dieser ist dann für eine wohlhabende Gemeinde wie Eschborn, die 30 Mill. Euro im Feuer hat, einfacher als für Gießen, die erst 2020 nach sieben Jahren aus dem Schutzschirmverfahren des Landes kam. Das Land Hessen hatte 78 Mill. Euro der Altschulden übernommen – und dann das.

Ihre Anlagerichtlinien haben die Kommunen inzwischen verschärft. Gelder werden bei Sparkassen und Volksbanken geparkt. Mitunter geäußerte Häme gegenüber Greensill-geschädigten Kämmerern sollten sich die Banken aber sparen. Schließlich erfolgten die Investments im Negativzins-Regime, was nach Ausweichbewegungen verlangte. Unverständlich bleiben Geschäfte, die erfolgten, als eine Schieflage bereits öffentlich war.

GREENSILL

Besser den Spatz
in der Hand

Von Björn Godenrath
Von Björn Godenrath

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