Notiert inLondon

Offene Grenzen für niemand

Der Ausfall der eGates an der Grenze hat für viele Reisende in Großbritannien zu langen Wartezeiten geführt. Automatisierung hat ihre Tücken.

Offene Grenzen für niemand

Notiert in London

Offene Grenzen für niemand

Von Andreas Hippin

Wieder einmal sind in Großbritannien die E-Gates ausgefallen, mit denen das Land die Passkontrolle an den Außengrenzen automatisiert hat. Sie befinden sich an Flughäfen und an den Eurostar-Bahnhöfen St. Pancras International und Gare du Nord. Wenn sie nicht funktionieren, bilden sich schnell lange Schlangen. In Heathrow, Gatwick und Stansted landen alle paar Minuten Flugzeuge. Und in einen Zug passen eine Menge Passagiere.

Vierstündiger IT-Ausfall

Wer ein paar Stunden in den stickigen Tunneln unter dem Flughafen Heathrow darauf warten musste, dass sich ein Grenzschützer seinen Pass ansieht, wird empfänglicher für die Forderung nach offenen Grenzen für alle. Am Dienstagabend gab es im Vereinigten Königreich ab 19:44 Uhr offene Grenzen für niemand. Vier Stunden lang waren die E-Gates nicht benutzbar. Alle Pässe mussten manuell überprüft werden. Viele Reisende mussten feststellen, dass keine öffentlichen Verkehrsmittel mehr fuhren, nachdem sie für würdig befunden wurden, das Land zu betreten.

Vor einem Jahr sorgte ein Software-Update für Chaos. Dieses Mal äußerte sich das Innenministerium nicht zu den Gründen des Totalausfalls. Man gehe aber nicht davon aus, dass es sich um einen Cyberangriff handele, hieß es. Das deutet auf eigenes Versagen hin. Medienberichten zufolge verhinderte ein Wi-Fi-Ausfall, dass sich eine Datenbank aktualisieren konnte. Das vor drei Jahren eingeführte System kostete die Steuerzahler 372 Mill. Pfund.

Automatisierung statt Personal

Bei der UK Border Force geht man davon aus, dass drei Viertel der Passagiere die E-Gates nutzen. Entsprechend wenig Personal wird vorgehalten. Das britische Innenministerium spart an der falschen Stelle. Anfang des Monats sorgten Arbeitsniederlegungen der Gewerkschaft PCS (Public & Commercial Services) in Heathrow für Unmut. Aus Sicht der Mitglieder könnten 250 von ihnen durch neue Schichtpläne aus ihren Jobs bei der Passkontrolle gedrängt werden. Entsprechend gering dürfte die Bereitschaft gewesen sein, nach dem IT-Debakel einzuspringen.

Normalerweise können Briten und Bürger einer Reihe von anderen Ländern, die über einen biometrischen Pass verfügen, dank der 270 E-Gates vergleichsweise schnell und komfortabel das Land betreten oder verlassen. Auch EU-Bürger dürfen das. Eine schöne Geste, die man auf dem Kontinent nicht erwidert. Voraussichtlich ab Oktober werden dort auch noch Gesichter gescannt und Fingerabdrücke bei der Einreise genommen, um den Anforderungen des Entry/Exit Systems (EES) der EU gerecht zu werden. Das gilt zwar nur für das erste Mal, dürfte aber für weitaus mehr Chaos an den Grenzen sorgen als der Ausfall der E-Gates.

Nur wer Kinder hat, macht noch die Bekanntschaft der britischen Grenzschützer, die Staatsbürger keinesfalls mit einem „welcome back“ begrüßen, sondern Dinge bemängeln wie etwa, dass man immer noch keinen Reisepass für sein nicht mehr ganz so kleines Kind besorgt hat.

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