Nach „The Crown“ kommt nun „El Rey“
Die Serie „The Crown“ über die britische Königsfamilie ist einer der bislang größten selbst produzierten Erfolge des Streaming-Dienstes Netflix. Es darf bezweifelt werden, ob eine Fiktion über Spaniens Königshaus ähnlich hohe weltweite Einschaltquoten erhalten wird. Die Bourbonen können in Sachen Glamour und zeremoniellem Pomp bei weitem nicht mit den Windsors mithalten. Doch bietet der Hof in Madrid reichlich Stoff an Intrigen, Skandalen und Affären.
In dieser Woche ist es ein Jahr her, seit sich der frühere Monarch Juan Carlos vor dem Rummel um seine vermeintlich schmutzigen Geschäfte in die Vereinigten Arabischen Emirate abgesetzt hat. Das Finanzamt und die Staatsanwaltschaft in Spanien ermitteln wegen unklarer Zahlungsbewegungen in der Vergangenheit des Rex Emeritus, wie auch die Justiz der Schweiz, wo er Teile seines Geldes gebunkert hatte.
In Spanien laufen derzeit gleich mehrere Projekte, um das Leben von Juan Carlos auf die Leinwand zu bringen. Die Produktionsfirma Mediapro arbeitet an „El Rey“, einer Serie von drei Staffeln mit jeweils zehn Episoden. Die spanische Tochter der italienischen Mediaset dreht „El Emérito“, eine Serie, die mit dem Verzicht von Juan Carlos auf den Thron zugunsten seines Sohnes 2014 beginnt. Ein weiteres Projekt befasst sich mit der gesamten Dynastie der spanischen Bourbonen. In diesem Fall handelt es sich um eine Dokumentarserie. Es ist zudem aber auch eine fiktionale Serie über die spanischen Könige seit Beginn des 20. Jahrhunderts bis heute in Arbeit. König Alfonso XIII., der Großvater von Juan Carlos, wurde von der Republik ins Exil gezwungen, wo er starb. Auch der Vater des Rex Emeritus, Juan de Borbón, lebte und verstarb außerhalb Spaniens.
Juan Carlos hofft, dem Schicksal seiner Vorfahren zu entgehen und seinen Lebensabend in Spanien verbringen zu können. Momentan allerdings lebt er auf einer Luxusinsel im Persischen Golf, begleitet von Sicherheitskräften der Guardia Civil und Assistenten, deren Gehalt der spanische Staat zahlt. Seine beiden Töchter, Elena und Cristina, besuchen ihn offenbar regelmäßig. Juan Carlos empfängt arabische Honoratioren und Mitglieder der Herrscherfamilien, zu denen er seit langem enge Kontakte pflegt.
Auch der frühere Chef des spanischen Geheimdienstes, Félix Roldán, soll dem Bourbonen in dessen Sechs-Zimmer-Haus einen Besuch abgestattet haben. In den letzten Tagen erschienen neue Meldungen über die vermeintlichen Dienste Roldáns für den Monarchen. Die frühere Geliebte von Juan Carlos, Corinna Larsen, besser bekannt als Corinna zu Sayn-Wittgenstein, hat an ihrem Wohnort London eine Klage gegen ihn wegen Belästigung eingereicht. Schon öfters hatte sich die deutsche Unternehmerin über das Nachstellen durch den spanischen Geheimdienst öffentlich beschwert. Juan Carlos hatte ihr einst 65 Mill. Euro überwiesen, offiziell als Geschenk für die langjährige Beziehung. Dieses Geld stammte wiederum von der saudischen Königsfamilie und ist unter anderem Gegenstand der Ermittlungen wegen Geldwäsche. Nach dem Ende der Beziehung soll Juan Carlos das Geschenk von Larsen zurückgefordert haben, wie sie behauptet.
Die Berichterstattung über diese Affäre zeigt, wie weit die spanischen Medien den ehrfurchtsvollen Respekt vor dem Königshaus aus früheren Zeiten verloren haben. War Corinna Larsen anfangs noch eine „enge Freundin“ oder „Begleiterin“ von Juan Carlos, so schreiben die meisten Medien heute ungeniert über die „amante del rey“, die „Liebhaberin des Königs“.
Die verschiedenen Projekte zur Verfilmung des Lebens des Bourbonen, der Spanien nach dem Tode Francos 1975 zurück in die Demokratie begleitet hatte, machen eine stille Rückkehr nach Spanien, nach der sich Juan Carlos Freunden zufolge so sehr sehnt, nicht leichter. Für die Republikaner im Lande, die in Form des Linksbündnisses Unidas Podemos sogar als kleiner Partner in der Koalitionsregierung sitzen, bieten die Kontenbewegungen des Ex-Monarchen und die Aussagen Larsens reichlich Munition. Einer Umfrage der Zeitung „El País“ von Mai nach sind mittlerweile 62% der Menschen für ein Referendum über die Zukunft der Monarchie. Lediglich ein Drittel bekennt sich jedoch zur Republik.