Washington

Nachbarschafts­streit um die neue Heimat des FBI

Das amerikanische Bundeskriminalamt FBI soll nach fast 50 Jahren eine neue Heimat bekommen. Ob die Zentrale von Washington D.C. nach Virginia oder Maryland verlegt wird, ist Gegenstand eines zuweilen komischen politischen Duells.

Nachbarschafts­streit um die neue Heimat des FBI

Duelle um Austragungsorte für Fußball-Weltmeisterschaften oder Olympiaden nehmen sich dagegen vergleichsweise harmlos aus: Demnächst will die US-Regierung darüber entscheiden, wo das Bundeskriminalamt Federal Bureau of Investigation (FBI) künftig seine Zentrale haben wird. Die Nachbarstaaten Maryland und Virginia kämpfen mit harten Bandagen, um das Prestige-Objekt an sich zu reißen. Wem die zuständige Bundesbehörde General Services Administration (GSA) letzten Endes den Zuschlag geben wird, könnte davon abhängen, in welchem der beiden Staaten die Investition Afroamerikanern und anderen ethnischen Minderheiten die größten Vorteile beschert.

An Schärfe hat die Auseinandersetzung gewonnen, weil das Verhältnis zwischen Maryland und Virginia, die sich früher als freundliche Nachbarn verstanden, in eine zuweilen bittere Rivalität ausgeartet ist. So leben viele der mächtigsten und reichsten „Virginians“ und „Marylanders“ in den wohlhabenden Vororten der angrenzenden Hauptstadt Washington D.C. Sie halten die eigenen Millionenvillen in ihren exklusiven Nachbarschaften für die schöneren, ihre Sportmannschaften und Restaurants für die besseren und ihr kulturelles Angebot für das reichhaltigere. Auf Cocktail-Partys wird, und zwar nicht immer scherzhaft, über „die von der anderen Seite des Potomac“ – der Fluss bildet eine Grenze zwischen den zwei Staaten – gelästert. Ein reiner Jahrmarkt der Eitelkeiten also unter Senatoren, Abgeordneten, Ministern, Lobbyisten, Unternehmern, hohen Richtern und anderen VIPs.

Umso unterhaltsamer ist es, am Beispiel des neuen FBI-Hauptquartiers die Politisierung der Rivalität zu beobachten. So hat die GSA eindeutige Kriterien festgelegt, anhand derer die Entscheidung fallen soll: Der neue Standort für mehr als 30000 Beamte der traditionsreichen Kripo soll „der Mission des FBI dienlich sein“, zudem für Mitarbeiter leicht er­reichbar und flexibel genug sein, um sich im Laufe der Zeit weiterzuentwickeln. Auch soll die neue Zentrale – seit fast 50 Jahren befindet sich diese im J.-Edgar-Hoover-Gebäude an der Pennsylvania Avenue in Wa­shington – helfen, Minderheiten zu fördern, beispielsweise durch die Schaffung neuer Jobs oder die Gründung neuer, besserer Schulen.

Die Marylander fühlen sich jetzt schon benachteiligt. Schließlich ist ein zentraler Bestandteil der „FBI-Mission“ die Nähe zu der hauseigenen Akademie in Quantico, Virginia, die nur 30 Kilometer von dem angedachten Standort in Springfield, Virginia, entfernt ist. Völlig unfair, schimpft der demokratische Kongressabgeordnete Steny Hoyer. „Es ist doch klar, dass Maryland nicht so nah an Virginia ist wie Virginia selbst, da haben wir keine Chance.“ Die Auswahlkriterien müssten neu gewichtet werden, argumentieren Hoyer und andere Politiker aus Maryland. Davon wiederum wollen die Virginians nichts wissen. Senator Mark Warner, Chef des Geheimdienstausschusses, wirft seinen Rivalen vor, die Kriterien manipulieren zu wollen. Die Marylander sollten „aufhören, die Methoden der GSA micromanagen zu wollen“.

Maryland bleibt aber beharrlich und will durchsetzen, dass Vorteile für Minderheiten den Ausschlag geben. Das Argument: Die zur Debatte stehende Stadt Greenbelt befindet sich in Prince George’s (PG) County, dessen Bevölkerung zu mehr als 60% aus Schwarzen besteht und der größte mehrheitlich afroamerikanische Bezirk der USA ist. Dem halten wiederum die Virginians entgegen, dass das County auch die zweitwohlhabendste unter den mehrheitlich schwarzen Gemeinden ist und daher staatliche Vorteile nicht braucht.

Beide Seiten meinen, sie verfügten über mehr ethnische Vielfalt, hätten die bessere Verkehrsanbindung und würden dem FBI schlichtweg das bessere Zuhause geben. Der Kampf wird immer schmutziger. Zuletzt kursierten sogar Gerüchte, wonach einige Superreiche Schmiergelder angeboten haben sollen, um ihrem Staat den Standortvorteil zu verschaffen. Schon im April könnte die Entscheidung fallen, und beide Seiten haben angekündigt, dass sie in der Schlussphase noch einmal alles geben wollen.

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