Nachhaltigkeit

Neue Front, alte Rolle

Um ideelle Ziele durchzusetzen, stellen sich Fondsgesellschaften neuerdings gegen Unternehmen. Doch ein gesellschaftlicher Wandel wird niemals allein aus der Finanzbranche kommen.

Neue Front, alte Rolle

Konflikte sind für Konzernlenker nicht neu: Gewerkschaften, Aktivisten, mitunter die Politik und natürlich die liebe Konkurrenz zählen zu den üblichen Gegenspielern. Kapitalgeber fielen als Vertreter der Eigner allenfalls als aktivistische Investoren auf, selten als Fürsprecher ideeller Ziele. Nicht mehr.

Die Konzernleitungen von Lufthansa und BASF dürften mit Verwunderung erfahren haben, dass das Carbon Disclosure Project (CDP), das Investoren mit einem Volumen von 29 Bill. Dollar hinter sich weiß, sie nun öffentlich benannt hat. Die Fluggesellschaft und der Chemiekonzern haben Post erhalten, weil ihre Klimaschutzziele aus Sicht der Initiative offenbar nicht konkret­ genug sind. Ähnlich ergeht es dem US-Energieriesen Sou­thern Company, dem Elektronikkonzern Samsung und Stahl­kocher Tata Steel. Die Fondsadressen Amundi und Union Investment liefern in der gleichen Mitteilung noch ein paar Zitate dazu, wieso ein „Emissionspfad der Unternehmen“ und ein „glaubwürdiger und umsetzbarer Wandel“ grundsätzlich wichtig sind. Finanzbranche gegen Konzerne – eine neue Front tut sich auf.

Die Dynamik ist stark, denn kaum eine Finanzadresse kommt noch ohne öffentliches Bekenntnis zur Nachhaltigkeit aus. So entsteht ein neues Kooperationsmodell mit spezialisierten NGOs. Eine Initiative ruft ein bestimmtes Nachhaltigkeitsziel aus und gibt Finanz­adressen die Möglichkeit, sich öffentlich hinter das Vorhaben zu stellen. Das verschafft der Branche ein Stück mehr Glaubwürdigkeit für ihr ESG-Profil, während die NGO für sich reklamieren kann, im Na­men des Kapitals zu sprechen.

Etliche Initiativen funktionieren so – mit Zuspruch aus Deutschland. Die DWS stellte sich hinter Swiss Sustainable Finance, die einen Ausschluss von Streumunitionsherstellern aus regulären Börsenindizes ge­fordert hat; Allianz Global Investors, Deka Investments und Union Investment unterstützen Fairr, die Standards in der industriellen Tierhaltung will; das Forum Nachhaltige Geldanlagen schart deutsche Finanz­adressen hinter sich, um die EU-Kommission aufzufordern, die Atomkraft nicht als klimafreundliche Technologie einzustufen.

Die Kooperation ist nützlich, um gesellschaftliche Ziele auf die Agenda zu setzen, – und im Idealfall sogar eine Voraussetzung dafür, dass neue Standards entwickelt werden. Doch die Rolle von Unternehmen und Geldgebern ist unverändert: Es geht darum, Gewinne für die Eigner zu erzielen. Das Engagement hat Grenzen. Ein nachhaltiger Wandel wird niemals allein aus der Finanzbranche kommen.

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