Neue Sitzordnung ohne Würmchenmuster
Wenn der Bundestag in der nächsten Woche zur ersten Sitzung im neuen Jahr zusammenkommt, werden sich die Parlamentarier der FDP und der Union erst einmal orientieren müssen. Denn die Fraktionen tauschen trotz lauter Proteste von CDU und CSU die Plätze. Statt den Liberalen müssen künftig die Abgeordneten der Union vom Rednerpult aus gesehen rechts im Plenum neben der ganz außen verorteten AfD Platz nehmen. Die FDP, die sich schon bei der Rückkehr in den Bundestag 2017 von den verhaltensauffälligen Abgeordneten der AfD absetzen wollte, rückt in die Mitte und nimmt zwischen der Union und den Grünen Platz. Die Änderung der Sitzordnung hatten die Ampelkoalitionäre SPD, Grüne und FDP, die künftig von der Linken und der Union eingerahmt werden, in der letzten Sitzung des Bundestags im alten Jahr gegen die Stimmen von AfD und Union durchgesetzt.
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Die Kunden der Berliner Verkehrsgesellschaft (BVG) legen keinen großen Wert auf eine bestimmte Sitzordnung. Das sogenannte „Würmchenmuster“, mit dem die Sitze von BVG-Bussen und -Bahnen in der Hauptstadt seit mehr als dreißig Jahren bezogen sind, haben trotzdem Kultstatus. Die BVG weiß das für sich zu nutzen und verkauft seit Jahren Merchandise-Artikel wie Krawatten, Badehosen und Halstücher in dem Design aus Blau, Rot, Schwarz und Weiß, das offiziell den Namen „Urban Jungle“ trägt. Doch damit ist jetzt Schluss. Denn Herbert Lindinger, der das Design Ende der Achtzigerjahre für die Berliner S-Bahn entwarf, die damals von der BVG betrieben wurde, hat mit einer Klage gegen die BVG vor dem Hamburger Landgericht weitgehend Recht bekommen. Die Verkehrsgesellschaft muss nun die Merchandise-Artikel mit dem Muster vernichten und soll außerdem Schadenersatz zahlen. Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig und sowohl die BVG als auch Lindinger gehen in Berufung. Er will, dass die Verkehrsgesellschaft auch die Sitzbezüge mit seinem Design aus Bussen und Bahnen entfernen muss.
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So weit wird es im Reichstagsgebäude trotz neuer Sitzordnung wohl nicht kommen. Zwar hat sich der britische Stararchitekt Norman Foster, der die Umgestaltung des Gebäudes in den Neunzigerjahren leitete, die Markenrechte an der Farbe „Reichstagsblau“ gesichert, die er damals auf der Suche nach einem geeigneten Farbton für die Stühle im Plenarsaal bei dem dänischen Designer Per Arnoldi in Auftrag gab. Im Bundestagsshop finden sich aber weder Krawatten noch Badehosen und auch sonst nichts in der Farbe Reichstagsblau. Foster selbst wollte die Sitze ohnehin lieber grau gestalten. „Graue Männer mit grauen Haaren in grauen Anzügen auf grauen Sesseln vor grauen Tischen auf grauem Teppich und rundherum graue Wände – wen packt da nicht das Grauen?“, soll ein SPD-Abgeordneter damals gewitzelt haben, um Foster umzustimmen. Das Würmchenmuster von Lindinger hat er trotzdem nie für den Reichstag in Betracht gezogen.