KommentarBörsenliebling unter Druck

Nvidia muss sich ein neues Lied einfallen lassen

Nvidia kann den Sorgen davor, dass Tech-Riesen ihre Milliardeninvestitionen in KI hinterfragen müssen, nicht mehr entkommen. Der Chipdesigner sollte in diesem Umfeld leisere Töne anschlagen.

Nvidia muss sich ein neues Lied einfallen lassen

Nvidia

Die Schattenseite des KI-Booms

Von Alex Wehnert

Nvidia muss sich nach der negativen Börsenreaktion auf die jüngsten Quartalszahlen ein neues Lied einfallen lassen, zu dem die Investoren wieder das Tanzbein schwingen können. Denn die Erlösprognose für das laufende Viertel fiel mit 32,5 Mrd. Dollar zwar höher aus als die Konsensschätzungen von 31,7 Mrd. Dollar, das Unternehmen pulverisierte die Erwartungen damit aber längst nicht mehr so wie bei vergangenen Veröffentlichungen. Daran zeigt sich die Schattenseite des Hypes, in dessen Zuge sich Investoren zuletzt gar in New Yorker Bars versammelten, um die Kursentwicklung nach der Zahlenvorlage zu verfolgen.

Milliardeninvestitionen unter der Lupe

Denn die Sorgen um die Nachhaltigkeit der Milliardeninvestitionen, die Tech-Riesen im Wettrüsten um die Vormachtstellung bei künstlicher Intelligenz in Chips pumpen, nehmen berechtigterweise überhand. Für Nvidia sind die hohen Kapitalaufwendungen von Microsoft, Alphabet und Konsorten bisher äußerst förderlich – doch droht sich die Lage drastisch zu verändern, sobald die Konzerne realisieren, dass sie sich zu einseitig fokussiert haben, und wieder mehr Ressourcen in ihre abbröckelnden Kerngeschäfte wie den Anzeigenmarkt oder das E-Commerce stecken. Und reißt das explosive Wachstum ab, sitzt Nvidia plötzlich auf extrem komplexen Grafikprozessoren der neuen Blackwell-Generation, mit denen sie die Halbleiterkonkurrenz aktuell weiter zu distanzieren versucht.

Profitabilität bröckelt ab

Die hohen Entwicklungskosten lasten dabei auf der Bruttomarge, die mit 75,1% zwar noch hoch ausfällt, aber eben bereits drei Prozentpunkte niedriger ist als im Vorquartal. Bei langsameren Erlöszuwächsen dürfte die Profitabilität bei den Investoren indes stärker in den Vordergrund rücken. Dass selbst die Ankündigung eines 50 Mrd. Dollar schweren Aktienrückkaufprogramms schon nicht mehr verfängt, sollte CEO Jen-Hsun Huang zu denken geben. Statt optimistische Auftragsprognosen zu trällern, sollte er vielleicht in guter Wall-Street-Tradition leisere Töne anschlagen – damit die Börsianer umso ausgelassener das Tanzbein schwingen, wenn die Musik am KI-Markt wieder aufdreht.

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