US-Präsidenten

Offener Schlagabtausch zwischen zwei Präsidenten

US-Präsident Joe Biden und sein Vorgänger Donald Trump liefern sich seit Wochen ein heftiges und ausgesprochen bitteres Wortgefecht. Sie hoffen, damit Kandidaten für die anstehenden Kongresswahlen zu fördern, könnten aber eher das Gegenteil erreichen.

Offener Schlagabtausch zwischen zwei Präsidenten

In zwei Monaten werden Amerikas Wähler darüber entscheiden, ob die Demokraten ihre Mehrheiten im Kongress verlieren werden und es in Washington zu einer Kräfteverschiebung kommt, die Präsident Joe Biden politisch lähmen könnte. Dabei wollen sowohl Biden als auch sein Vorgänger Donald Trump ein gewichtiges Wort mitreden und liefern sich seit einiger Zeit einen verbalen Schlagabtausch, den es in dieser Form zwischen zwei Präsidenten noch nie gegeben hat. Die Ironie besteht darin, dass die beiden Politiker damit ihren Kandidaten nicht nur nicht helfen, sondern deren Siegeschancen eher verringern.

Lange Zeit hatte Biden versucht, staatsmännisch über den Dingen zu stehen. Er ignorierte Trumps feurige Reden, in denen der Republikaner die „große Lüge“ einer gestohlenen Wahl wiederholte. Spielte der Präsident jemals auf seinen Vorgänger an, dann nannte er ihn lediglich „the other guy“, also „den anderen Typen“. In den letzten Wochen hat sich das Blatt aber gewendet, und zwar dramatisch. Der sonst eher behutsam und diplomatisch agierende Biden bläst zum Angriff. Immer wieder. Und lockt damit Trump aus der Reserve.

In einer Fernsehansprache nannte er seinen Rivalen plötzlich beim Namen. „Donald Trump und die MAGA(Make America Great Again)-Republikaner repräsentieren einen Extremismus, der weder die Verfassung noch die Ergebnisse freier Wahlen respektiert“, polterte Biden. Ein Extremismus, „der die Fundamente unserer Republik zu erschüttern droht“, nannte der Präsident den Stil der Republikaner und schimpfte über die „Quasi-Faschisten“ in der Oppositionspartei.

Trumps Reaktion ließ nicht lange auf sich warten. Bei einem Auftritt in Pennsylvania wetterte er wie gehabt gegen seinen Nachfolger. „Kein anderer Präsident in der Geschichte hat jemals eine Rede gehalten, die so boshaft und spaltend war“, schimpfte der Unternehmer. Biden sei „ein Feind des Staates“, seine Rede sei eine gewesen, „die der Teufel hätte halten können, voller Hass und Wut“.

Unterdessen lautet die Gretchenfrage: Was bezwecken die Auftritte zweier (Ex-)Präsidenten, die sich gegenseitig bekriegen? Politische Beobachter sind sich einig, dass sie den Kandidaten der eigenen Partei, die sich zunehmend von Biden und Trump distanzieren, eher Schaden zufügen. Das zeigt sich unter anderem daran, dass die Trumpistin Sarah Palin, die vor 14 Jahren Vizepräsidentschaftskandidatin war, bei einer Stichwahl im konservativen Alaska sensationell gegen eine Demokratin verlor. 

Während der letzten Wochen sind Umfragen zufolge auch die Chancen mehrerer von Trump unterstützter Senatskandidaten gesunken. Dazu zählen der ehemalige Footballstar Herschel Walker in Georgia sowie der umstrittene TV-Arzt und Ratgeber Mehmet Oz in Pennsylvania. Um die Mehrheit im Senat zu erobern, sind für die Republikaner aber Siege in beiden Staaten unverzichtbar.

Die sinkende Popularität der Trumpisten liegt vor allem an den skandalösen Schlagzeilen, für die der ehemalige Präsident seit der FBI-Razzia in Mar-a-Lago, Florida, sorgt. Wie aus dem teilweise veröffentlichten Durchsuchungsbefehl hervorgeht, hat Justizminister Merrick Garland nämlich den Verdacht, dass Trump streng geheime und für die nationale Sicherheit kritische Dokumente missbraucht haben könnte. Republikanische Kandidaten für den Kongress wollen aber nicht darüber, sondern über die hohe Inflation und „Bidens Rezession“ reden, wie sie die derzeitige Konjunkturschwäche nennen.

Als politische Hypothek könnte sich aber auch Biden erweisen. Zwar ist er als Folge des neuen Klimagesetzes und des Vorschlags, Studentenschulden teilweise zu streichen, im Ansehen vieler Wähler wieder gestiegen. Gleichwohl ist er keineswegs der bevorzugte Fahnenträger der Demokraten. Schließlich bekommt er nach wie vor von mehr als der Hälfte der Amerikaner schlechte Noten. Besser als Trump steht Biden aber immer noch da. Immerhin galt noch vor einem guten Monat eine Kräfteverschiebung im Kongress als sicher. In Umfragen zogen Demokraten nun aber gleich und haben im November realistische Chancen, ihre Stimmenhoheit erfolgreich zu verteidigen.

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